#§. 20. Allgemeiner Ueberblick. 49
gierung ist Schwäche bis zur Erbärmlichkeit; dennoch wurde durch ihn
der Grundstein zu Oesterreichs späterer Größe gelegt. Die Vermählung seines
Sohnes Marximilian mit Maria, der Tochter Karls des Kühnen, brachte das
reiche Erbe von Burgund an Oesterreich. In Deutschland aber sah es trostlos
aus. Aeneas Sylvius sagt darüber: „Ein Grund des Sinkens Deutschlands ist
die Vielheit der Fürsten; dem Kaiser gehorchen sie nur, wann und so viel sie
wollen; aber sie wollen gar nicht. Alle wollen souverain sein. Keiner will dem
Kalser geben, was des Kaisers ist, jeder sorgt nur für sich selbst. Daher die
häufigen Fehden, die unaufhörlichen Krlege, Raub, Brand, Mord und tausend
Uebel. Denn wer selbst nicht gehorchen will, kann auch nicht über andere herr-
schen“. Jeder Fürst suchte sich selbst zu helfen (der Kaiser konnte ihm doch nicht
helfen); ob dies zu Ungunsten des Reichs geschah, war ihm ganz gleichgiltig;
machten es doch die andern auch nicht besser. Diese Zeit der wilden Kriege schloß
erst wit der Thronbesteigung Marimilians und dem Schluß des ewigen
Landfriedens durch denselben (1495).
Württemberg betrat eine abschüssige Bahn, den Weg zum Untergang des
Hauses. Längst hatten die Grafen gesehen, wie alle um sie liegenden Herrschaften
durch Theilung des Landes sanken, und die früheren Grafen hatten dadurch ihr
Besitzthum vergrößert. Nun begiengen sie denselben Fehler: — sie theilten das
Land. Wohl war diese Theilung zwischen zwei Brüdern geschehen, die bisher
und in der Folge in Einigkeit und Friede zu einander hlelten. Aber der Keim
zur Zwietracht, zu weiterer Zersplitterung des Landes und sogar zu Bruderkriegen
war gelegt. So stand alles, was die Ahnen mit so viel Sparsamkeit, Klugheit
und Muth erworben hatten, auf dem Spiel. Doch die Wirklichkeit entsprach der
Befürchtung nicht. Württemberg erfreute sich in dieser zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts zweler Fürsten, denen das Wohl ihres Landes Herzenssache war und
die in der Sorge für dasselbe die eigenen Interessen hintansetzten. Diese beiden
Männer waren Ulrich V., der Vielgeliebte, und Eberhard im Bart.
Besonders des letzteren Mannhaftigkeit und Weisheit verhinderten den Einbruch
des drohenden Unglücks und nach der Wiedervereinigung der belden Thelle zählte
Württemberg zu den mächtigsten Ländern Deutschlands, wie sein Graf zu den
angesehensten deutschen Regenten, dessen Scharfblick weit über die Grenzen des
engeren Vaterlandes hinausdrang und der mit allem Recht die Erhebung zum
Herzog verdiente.
g. 21.
Die Fheilung Württembergs. Die Grafen Alrich V., der Bielgeliebte,
und Ludwig I. und II. Der Leonberger Kandtag. 1441—1457.
„Friede ernährt,
Unfriede zerstört.“
Sprichwort.
Ulrich verheiratete sich im Jahr 1441 mit Margarete, Witwe des Her-
zogs Wilhelm von Bayern, welche ihres vornehmen Standes und ihrer großen
Ansprüche und mannigfachen Bedürfnisse wegen sich nicht mit einer gemeinschaft-
lichen Haushaltung unter den Brüdern begnügen wollte. So schritt man denn
zur Theilung des Landes. Die Scheidelinie sollte der Neckar bilden. Was rechts
von demselben lag, kam an Ludwig, was links, gehörte Ulrich. Stuttgart wurde
gemeinschaftliche Residenz. Bald aber sahen beide ein, daß die Theilung ganz
Staiger, Geschichte Württembergs. 4
1441
bis
1457.