8. 22. Die Griafen Ulrich V. und Eberhard V. Der Münsinger Vertrag. 53
herrn in Eichstädt. Da ihm aber sein Beruf durchaus nicht zusagte und er auch
sehr leichtsinnig lebte, mußte ihm der Vater einen Theil seines Besitzthums zu-
weisen. Dies geschah im Uracher Vertrag (1473), der von acht Städten
mitunterzeichnet und gesiegelt wurde. Nach diesem Vertrag erhielt Heinrich die
Grafschaft Mömpelgard nebst den Herrschaften Harburg, Reichenweiher und
Beilstein im Elsaß, wogegen er auf alle Ansprüche auf Württemberg nach des
Vaters Tode verzichtete. Ferner sollte, wenn Ulrich und sein älterer Sohn Eber-
hard oder Graf Eberhard, Ludwigs I. Sohn, ohne Leibeserben sterben sollten,
die ganze getrennte Grafschaft wieder vereinigt und an den Ueberlebenden, also
an Heinrich und dessen Nachkommenschaft kommen, „damit beide Landes-
theile fürderhin desto besser ungetrennt bei einander bleilben
möchten". Heinrich ließ sich bald darauf in Mömpelgard huldigen (1473),
fuhr aber auch als Regent fort, die kollsten Streiche zu machen. An Mißgeschick
sollte es ihm auch nicht fehlen. Herzog Karl der Kühne von Burgund nahm ihn
gefangen, uud hielt ihn in strengem Gewahrsam. Ja, endlich trieb er sein frevles
Spiel so weit mit ihm, daß er den gefangenen Grafen auf dem Krottenberge auf
ein schwarzes Tuch niederknieen und den Henker mit bleßem Schwerte ihm zur
Seite stellen ließb, um dadurch den Kommandanten von Mömpelgard, Markwart
von Stein, zur Uebergabe der Stadt zu bewegen. Dieser aber blieb fest, und
so wurde Heinrich noch Jahre lang von Karl gefangen mitgeschleppt. Die Todes-
angst und dle Gefangenschaft hatten aber sein Gemüth so verwirrt, daß sich bald
Spuren von Wahnsinn zelgten. Da es ihm in Mömpelgard nicht mehr gefiel,
so trat er es an seinen Bruder Eberhard ab und begnügte sich mit den elsäßischen
Besitzungen. Selne erste Gemahlin, Gräfin Elisabeth von Zweibrücken,
gebar ihm einen Sohn Ulrich, nachmaligen Herzog; aus der zweiten Ehe mit
der treuen Eva von Salm stammt sein Sohn Georg, der Stammvater un-
serer württembergischen Herrscherfamllie. — Sein Bruder Eberhard hatte dem
Vater das Leben auch sauer gemacht. Vom burgundischen und französischen
Hofe war er als leichtsiuniger und ausschweifender Jüngling zurückgekehrt, der
sich von seinem Vater nicht viel sagen ließ. Allerdings muß gesagt werden, daß
sein Vater nie energisch gegen ihn auftrat, ihn vielmehr durch schwoche Nach-
giebigkeit nur noch trotziger und eigensinniger machte. Das ganze Land murrte
über sein ärgerliches und anstößiges Leben; der Vater konnte nicht mehr ein-
schreiten; er schrieb an seinen Neffen Eberhard V.: „Ich habe ihn zu lieb gehabt;
das muß ich nun entgelten“. Im Jahr 1480 zog sich Ulrich ganz von der Re-
gierung zurück und starb noch im Herbst desselben Jahrs. Mit viel Wohlwollen
und Herzensgüte hatte er sein Land regiert, und wenige Fürsten haben es mit
ihrem Volke besser gemeint, als er. Aber mit seiner Güte war große
Schwäche verbunden, so daß er oft mißbraucht wurde und um seiner Dlienftfertig-
keit und Nachgiebigkeit willen viele Widerwärtigkeiten zu erdulden hatte. Auch
hatte er nicht einmal den Trost, die Regierung guten und festen Händen über-
geben zu können. Mit tiefem Schmerz mußte er sehen, wie sein Landestheil
immer mehr innerlich zerfiel, während der Uracher Theil nach innen und außen
zunahm.
Hier regierte Eberhard V. Sein älterer Bruder Ludwig war 1457 ge-
storben; 1459 war Eberhard für volljährig erklärt worden, erst 14 Jahre alt;
sein Lehrer war der berühmte Johann Vergen, gemeiniglich Vergenhans