8. 29. Herzeg Ulrich. Fortsetzung. Eroberung Württembergs 2c. 77
Während dieser Zeit war der Schwäbische Bund, ohne auf Widerstand
zu stoßen, in's Land hereingezogen und hatte Heidenheim und Göppingen
eingenommen. Stuttgart mußte Herzog Wilhelm von Bayern als dem ober-
sten Bundeshauptmann huldigen. Dann zog das Heer gegen Tübingen, das
sich, verleitet durch Ludwig von Stadion, schmählicherwelse schon nach 4 Tagen
ergab. Die herzoglichen Kinder fielen in die Hände des Bundes und wurden
den erwählten Vormündern, Kaiser Karl, dessen Bruder Ferdinand und Herzog
Wilhelm von Bayern zur Erzlehung übergeben. Mannhaft und tapfer hielten
sich nur die beiden Burgen Möckmühl, vertheidigt von Götz von Ber-
lichingen, und Hohenasberg. Aber auch sie mußten sich ergeben, und
Götz wurde in einem Heilbronner Thurm gefangen gehalten, bis er im Jahr
1522 versprach, 2000 fl. Lösegeld zu zahlen. Nach der Eroberung verbrei-
teten sich die siegenden Truppen über das Unterland und raubten, plün-
derten und brandschatzten auf schauerliche Weise. — Was nun mit dem er-
oberten Lande anfangen? Die Landschaft bestand mit Bestimmtheit darauf,
daß das Land ungetheilt bel dem Hause Württemberg verbleiben müsse. Eben
so that auch Sabina, die nun wieder zurückgekehrt war, alles, um das Her-
zogthum ihrem Sohne Christoph zu erhalten. Dagegen verlangte aber der
Schwäbische Bund, wie billig, einen Schadenersatz für den Kriegszug, und
da die württembergischen Stände denselben hartnäckig verwelgerten, weil das
Land durch Plünderung und Brandschatzung schwer heimgesucht worden
sei, so scheiterte dieser Versuch zur Uebereinkunft. Endlich glückte es der
Herzogin Sabina und ihrem Bruder Ludwig, einen Bundestag in Nörd-
lingen zu Stande zu bringen (Julil 519). Christoph sollte das herrenlose
Erbland erhalten, dagegen Württemberg an den Bund eine Kontribution von
300,000 fl. bezahlen und sich verpflichten, den Herzog Ulrich nie mehr als
Fürsten anzunehmen, noch ihm den Aufenthalt im Lande zu erlauben. Plötz-
lich aber mußten die Verhandlungen abgebrochen werden, denn — Ulrich
war wieder in's Land gekommen. Er hatte sich nach dem Abzug von
Tübingen nach Mömpelgard und von da nach Germersheim zu dem Pfalz-
grafen Ludwig begeben. Bald hatte er wieder einen Haufen von 8000
Mann gesammelt, mit denen er schnell nach Stuttgart zog, das seine Thore
sogleich öffnete. Diesem Beispiel folgten noch andere Städte; mehrere aber
blieben dem Schwäbischen Bunde treu, so daß Uneinigkeit und Verwirrung
im Lande herrschten. Diese beizulegen hätte es eines besonnenen und um-
sichtigen Mannes bedurft; wäre Ulrich vorsichtig und schonend verfahren,
so hätte er etwas durchsetzen können. Aber er verlangte hartnäckig unbedingte
Unterwerfung und folgte in allem seinem finstern Geiste Volland. Dieser sagte
dem Herzog vor, er sel jetzt ein „neuzugekommener Herr“ und habe als sol-
cher das Recht, auch ein „neues Gesetz“ zu machen und brauche sich um den
Tübinger Vertrag nicht zu kümmern. Und so wußte denn Ulrich, bel dem
solcher Rath leicht Gehör fand, nichts Eillgeres zu thun, als das Bollwerk
der württembergischen Freiheiten für null und nichtig zu erklären. Die Be-
stimmung betreffs der Bezahlung der 950,000 fl. herzoglicher Schulden durch
die Landschaft sollte jedoch giltig bleiben. Ein solches, jedes Rechtsgefühl
verletzendes Verfahren war sogar den Württembergern zu viel, die trotz des
erlittenen Drucks immer wieder an ihrem angestammten Fürstenhause fest-