78 III. Württemberg als Herzogthum.
hielten 1). Als vollends Herzog Wilhelm von Bayern mit 11,000 Mann
herbetrückte, hlelten Ulrich's Leute nicht Stand, sondern liefen auseinander.
Zudem fehlten ihm Reltterei, Geld und gute Geschütze (die Sieger hatten
ein halbes Jahr vorher die württembergischen Geschütze unter sich vertheilt).
Ein Gefecht bei Hedelfingen fiel für Ulrich ganz unglücklich aus 2).
Er floh zum zweiten Mal, zunächst auf den Hohentwiel, dann nach Solo-
thurn. Der Schwäbische Bund aber hauste greulich im Land. Das Stamm-
schloß auf dem Rothenberg wurde niedergebrannt. Städte und Schlösser
wurden stark besetzt; eingesetzte „Brandmeister“ mußten Gelder einziehen.
Die verordneten Beamten verfuhren mit der größten Strenge und Rohelt.
Das Land seufzte unter schwerem Druck. Es begann die Zeit, von welcher
unser vaterländischer Dichter Hauff sagt: „wo der Stamm seiner Be-
herrscher-auf ewig aus den Hallen ihrer Väter verdrängt schien,
wo sein unglücklicher Herzog aus seinen Grenzen fliehen und in
drückender Verbannung leben mußte, wo fremde Herren in seinen
Burgen hausten, fremde Söldner das Land bewachten und
wenig fehlte, daß Württemberg aufhörte zu sein, jene blühen-
den Fluren zerrissen und eine Beute für viele oder eine Provinz
des Hauses Oesterreich wurde.“ — Die Forderungen des Schwäbischen
Bundes auf Schadenersatz waren durch den zweiten Kriegszug nur noch größer
geworden. Der Kaiser berlef einen Bundestag. Im Augsburger Vertrag
(1520) wurde das Herzogthum vom Schwäbischen Bund an das Haus Oester-
reich verkauft. Der Kaiser zahlte dafür 222000 fl. Sabina und die Gemahlin
Eberhards II. erhlelten Jahresgehälter; Ulrichs Bruder Georg zog nach Straf-
burg; die Prinzessin Anna wurde von der Mutter erzogen, dagegen Christoph
nach Innsbruck an den kaiserlichen Hof gebracht. Wegen der beiden Kinder wurde
zwischen Oesterreich und Bayern bestimmt, daß dle ihnen zugethellten Schlösser
Tübingen und Neuffen vom Kaiser belleblg verwendet und ihnen dagegen irgend
welche Ersatze, wenn die Güter nur in Deutschland liegen, gegeben werden
dürfen. Oesterreich bestätigte den Tübinger Vertrag, der Kailser gab das Land
seinem Bruder, dem Erzherzog Ferdinand, als Reichslehen, der
sich im Jahr 1522 in Stuttgart huldigen lleß.
Die neue Reglerung konnte jedoch die Llebe des Volkes nicht gewinnen.
Die Württemberger sehnten sich nach ihrem verjagten Herzog und gaben ihre An-
hänglichkeit an denselben auf manche Art zu erkennen. Oeffentlich durfte es nicht
geschehen, weil dle Regierung befahl, daß jeder, der für den Herzog und gegen
den Kaiser handle oder nur rede, todtgeschlagen werde 3). — Ulrich hielt sich in
1) Einer sagt vom württembergischen Volk und seiner Treue gegen Ulrich:
„Sein Volk er allzeit gehorsam fand,
Ihm nicht allein groß Steuer zu geben,
Sondern auch ihr Leib und Leben
Für ihn zu setzen allezeit
In Theurung, Unfried oder Streit.“
2) Die Sage erzählt uns, daß sich Ulrich nach dem Kampf auf der Flucht vor
den Bündischen nicht mehr anders zu retten gewußt, als daß er sein Pferd über die
Neckarbrücke bei Köngen hinabgesprengt und sich dann einige Tage. bei den Bauern in
Hardt verborgen gehalten habe.
3) Dennoch aber mußte die Regeutschaft zu jener Zeit viel seltsamer, leichtfertiger