der „Unbedingten“, und die Arbeit der bisherigen mon-
archischen Parteien ist verloren. Es ist Sorge um sie und nicht
Kritiksucht, die mich das am Ausgang von Weimar feststellen
läßt.
Früber ist von der sozialdemokratischen Opposition das
Privatleben der herrschenden Klassen stets mit der Blend-
laterne abgeleuchtet worden. Oasselbe jetzt gegenüber den
Prassern aus dem Weimarer Schloß zu tun sind wir aber
viel zu vornehm. *
Wir baben immer noch nicht genug von dem Gegner ge-
lernt. Wir ziehen uns die weiße Weste prall und sind zu-
frieden. Dann kann man aber nicht, was wir in Weimar
allmählich begriffen haben sollten, Kanalräumer werden.
Und so verkommen wir denn unter dem gehäuften Unrat
der Revolution, bis vielleicht einst ein Herkules an den Augias--
stall berangeht, nachdem wir selber längst darin verdorben und
gestorben sind.
Ich wünschte, ich erlebte diesen Herkules noch.
Vorerst glauben wir, wunder was erreicht zu haben, wenn
einer der Reichsverderber von der Bühne abtritt. So ist
Scheidemann in den Alpenkulissen verschwunden und hat
sich zweieinhalb Monate lang dort im Stile der Kriegs- und
Revolutionsgewinnler erholt, nachdem ihm die Reichskasse
für seine Mühewaltung bis zum JZuli rund 50 000 Mark aus-
bezahlt hat; so wird auch Erzberger, wenn die Nationalver-
sammlung im Herbst die Schlinge auch der letzten Finanz-
gesetze an unserem Galgen geknüpft hat, sein Amt aufgeben
und eine kleine Badereise an das Meer der Vergessenheit
antreten, wie es unter dem Parlamentarismus so Brauch
ist. Das erbält körperlich und politisch gesund.
Oieses gelegentliche Verschwinden der Reichsverderber
braucht uns keinen Jubel zu entlocken, denn ihr Sostem wird
durch den Wechsel der Akteure nicht berührt; es ist wie im
Ocledrich der Vorläufige 321 21