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vertretung beim Bunde aber sei, wie die Erfahrung lehre (7),
eine Unmöglichkeit; Einheit aber sei entweder ein unklarer Be-
griff, oder, wenn er klar werde, führe er auf ein Gebiet, auf das
ein gewissenhafter, seines Schwures eingedenker Minister nicht
folgen könne.
Auf wie schwachen Füßen ein derartiges Räsonnement stand,
ergab sich bei der neuen europäischen Verwicklung, die am 1. Jan.
1859 durch die ungnädige Ansprache des Kaisers Napoleon III.
beim Neujahrsempfange in den Tuilerien an den österreichischen
Vertreter, den Baron Hübner, eingeleitet wurde. Die Teilnahme
Sardiniens am Krimkriege, das Bombenattentat des römischen
Grafen Orsini auf Napoleon als den Störer des italienischen Ein-
heitswerkes und das im Moniteur veröffentlichte Testament
des dem Tode entgegengehenden italienischen Patrioten, der Brief
Mazzinis, der den Kaiser mit weiteren Attentaten bedrohte, wenn
er dem werdenden Italien seine Unterstützung versage, die
der Frage günstige öffentliche Meinung zeigten Napoleon den
Weg, um erneut in Europa das Gewicht seiner Autorität in die
Wagschale werfen und ein schiedsrichterliches Amt ausüben zu
können. Nach einer geheimen Verständigung mit dem genialen
Leiter der sardinischen Politik, dem Grafen Camillo Cavour wäh-
rend des Sommers 1858 zuckte also am 1. Jan. 1859 jenes
erste Wetterleuchten auf, dem bald genug das schwere Gewitter
folgen sollte. Die Stimmung in Süddeutschland war nach dem
Bekanntwerden der kaiserlichen Ansprache alsbald auf einen Punkt
gediehen, der an die des Jahres 1840 erinnerte. Allenthalben
war man der Überzeugung, daß man im Ernstfalle auf der Seite
Osterreichs zu stehen habe. Hiergegen erschienen Artikel im
Moniteur, die sich mit großer Heftigkeit gegen Deutschland im
allgemeinen richteten. Fast schien es, als handele es sich gar
nicht um ein Zerwürfnis zwischen Sardinien und Osterreich wegen
des Besitzes der Lombardei, sondern um einen neuen Waffengang
zwischen Deutschland und Frankreich. Die Stimmung in Dres-
den war nach dem Zeugnisse des Ende Januar 1859 in Dresden wei-
lenden Herzogs Ernst II. von Koburg, wie nicht anders voraus-
zusetzen war, von aufrichtigsten Sympathien für das so eng ver-