Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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wieder aufgebaut worden. Von dem großen unregelmäßigen Markt 
gingen fünf Hauptgassen aus, darunter der Brühl, welcher bis an 
das Dorf Rößgen sich erstreckte. Die Stadt bildete ein eigenthümlich 
gedrücktes Oval. Die Straße von Rochlitz nach Hainichen theilte sie 
in eine Nord- und eine Südhälfte; die erstere war sehr klein, die 
andere sehr groß. Der Brühl und die Straße nach Chemnitz schnitten 
die Stadt in zwei gleich große Theile, eine Osthälfte und eine West- 
hälfte. Die Stadt galt im Mittelalter für eine starke Feste; 1430 
wurde sie jedoch von den Hussiten, trotz hartnäckigen Widerstandes, 
überwältigt und in Brand gesteckt. Was die Brände von 1498 und 
1551 vom Wiederaufbau verschont hatten, ging im Brande von 1624 
und im dreißigjährigen Kriege zu Grunde, der durch Brand, Plünderungen 
und Erpressungen den Wohlstand vollständig vernichtete. Der Bergbau 
Mittweidas ging in dieser Zeit ebenfalls zu Grunde. Nur die aus 
dem 14. Jahrhunderte stammende Leinen-Industrie kam später wieder 
empor. 
Die große, wahrscheinlich Anfang des 16. Jahrhunderts nahe 
der Stadtmauer erbaute Hauptkirche gehört allem Anscheine nach in 
die Zeit der großen erzgebirgischen Kirchenbauten, wenngleich sie in 
vielen Einzelheiten von den anderen großen Kirchen abweicht. Gegen 
60 m lang, 30 m breit und im Gewölbe 20 m hoch, bildet sie eine 
eigenthümlich zweischiffige Kirche, wo auf der Mittelachse des Schiffs 
vier Säulen stehen, während sich auf der Nordseite ein niedriger 
Gang mit darüber befindlichen Emporen, sowie die große Sakristei 
anschließt. Beim Eintritt vom Westportale tritt man in eine breite 
Vorhalle, in welcher einige bemerkenswerthe Grabsteine, sowie ein 
alter, gut erhaltener Taufstein von Rochlitzer Stein stehen. Die 
achtkantigen Säulen des Schiffes ohne Kapitäle tragen das Kreuz- 
gewölbe mit einfachen Gurten. Das Gewölbe des Altarplatzes über- 
spannt denselben in einem Bogen und ist von hervorragender Schön- 
heit. Jede der ziemlich flach in der Wand liegenden Säulen ist am 
Gurt mit zwei Köpfen geziert, und unter dem Mittelfenster ist ein 
auf beiden Seiten mit Köpfen geschmücktes, von Adlern über- 
ragtes Tabernakel aus Rochlitzer Stein, wahrscheinlich aus dem 
14. Jahrhundert. Der Altarplatz stammt dementsprechend aus einem 
älteren Kirchenbau. 
Der Altar, in Holz, bunt, farbig und vergoldet, giebt in kleinen 
Figuren eine Darstellung des Abendmahles, darüber ein Bild Gethsemane 
und darüber Christus in Ueberlebensgröße, die vier Evangelisten in 
Dreiviertellebensgröße, sehr gut geschnitten; weiter oben Bilder und 
Figurenaufbau. Die Darstellung des Christus ist bemerkenswerth. 
An der Kanzel, welche von einem lebensgroßen sitzenden Moses
	        
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