Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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und es klöppelten nur noch alte Frauen, die das Nähen nicht gelernt 
hatten. Denn schon in dieser Zeit wurde die Klage laut, daß der 
uralte Klöppelsack sich nur mit Ehren würde behaupten können, wenn 
er nicht immer schlechtere Waare lieferte. Die Spitzenklöppelei hatte 
für das Erzgebirge eine ganz außerordentliche Wichtigkeit erhalten; 
sie hat aber auch viele und schwere Krisen zu bestehen gehabt. 
Im Allgemeinen erhielten die Spitzenklöppler Muster und Zwirn 
von den Verlegern (Verkäufern) und wurden nach der Masse der 
Nadeln, welche bei Ausführung des Musters gesteckt werden mußten, 
pro Schock Nadeln bezahlt. Die Arbeitgeber verkauften die Spitzen 
an die Fabrikanten (Kaufleute) oder vertrieben sie im Hausirhandel. 
Die Namen der Spitzen waren äußerst verschieden. Um 1800 unter- 
schied man die Muster Bierebrod, Wasserlinseln, Pfefferkücheln, Gold- 
wurzeln, Häsle, Trommeln, Bäumle, Krohägeln u. s. w. und bei den 
schwarzen Spitzen noch besonders Herzeln, Ochsenköpfe, Schlangen, 
Hahnbuttel, gute Blume, Schwanzbirne, Ochsenauge u. s. w. Die 
Länge der Stücke war verschieden; bis zu 57 m. 
Anfang dieses Jahrhunderts wurden die sächsischen Zwirnspitzen 
noch aus wirklichem Leinenzwirn gemacht. Der Grund der Spitzen 
wurde in verschiedenen, künstlichen Klöppelarten gefertigt, Valencienner-, 
Kreuz-, Nadel= oder Erbsgrund; das machte die Spitzen solid und 
haltbar, aber auch theuer. Um die Arbeit zu beschleunigen und bei 
billigerem Preise noch einen Lohn zu haben, machte man den Grund 
nur aus dem einfachen Schlag; dann wandte man aber auch baum- 
wollenen Zwirn an und mit der Verringerung des Erzeugnisses ging 
die Klöppelei zurück, besonders seitdem die Bobbinetmaschine ein dem 
geklöppelten Spitzengrunde ähnliches Fabrikat lieferte. Die Klöppelei 
warf sich nunmehr auf die Anfertigung schwarz= und weißseidener 
Blonden, kam besonders um 1840 wieder in Aufnahme, wo haupt- 
sächlich schwere, schwarzseidene Spitzen gesucht waren; aber seitdem 
die Ende der 50er Jahre eingeführte Klöppelmaschine, eine Art Rund- 
schnurmaschine, die Arbeit besser und fast um die Hälfte wohlfeiler 
liefert, ist der Anfertigung aller geringeren Spitzensorten der Todes- 
stoß gegeben. 
Um 1870 zählte man noch gegen 11.000 Spitzenklöppler, dar- 
unter 4000 Kinder, im westlichen Ober-Erzgebirge. Man fertigte 
damals nur geklöppelte Spitzen: Bettspitzen in der Umgebung von 
Aue und Schwarzenberg; weiße Zwirnspitzen, vorzugsweise Malines 
mit Halbgrund in Schneeberg und Umgegend; Valenciennes in Breiten- 
brunn, Rittersgrün und Pöhla; weißleinene Guipüre und Clunyspitze 
in Rittersgrün, Pöhla und Raschau. Die schwarze Guipürespitze 
hatte sich über das ganze Arbeitsgebiet verbreitet und die übrigen
	        
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