Full text: Das Erzgebirge in Vorzeit, Vergangenheit und Gegenwart.

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Gespinnst sogar von dem erzgebirgischen übertroffen. Man fertigt 
gezwirnte Garne für Phantasiearktikel, Strumpf- und Stoffwaaren, 
ebenso für Tricotwaare, doch auch andere einfache Gespinnste. 
65. Die Weberei. 
Die Leinenweberei, welche den Ausgang aller Weberei 
bildet, wurde bei den sorbenwendischen wie bei den germanischen 
Stämmen als Hausweberei betrieben, welche den Ueberschuß der ge- 
wonnenen Gewebe auf den Markt brachte, bis auch hier ein beson- 
deres Gewerbe der Weber entstand, welches schon im frühen Mittel- 
alter für die Herstellung der einfachen, leinenen Bekleidungsstoffe 
sorgte. Die Leinenweberei entwickelte sich bedeutend, und selbst die 
unruhige und kriegerische Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts ver- 
mochte nicht, ihr Abbruch zu thun; aber der den Wohlstand des 
deutschen Reiches vernichtende dreißigjährige Krieg brachte auch hier 
unersetzliche Verluste. Zählte man vor dem Kriege 250 Leineweber- 
meister in Chemnitz, so gab es lange nach seiner Beendigung, 1690, 
erst wieder 80. Im 18. Jahrhundert stieg die Zahl der Weber. 
1726 zählte man 300, 1738 schon 550 Meister mit 2000 Web- 
stühlen. 1803 bestand die Innung der Chemnitzer Zeug= und Lein- 
weber aus 1110 Meistern, 908 Gesellen, 201 Lehrlingen. 1757 
wurden über 40 000, um 1780 gegen 50 000, 1790 gegen 60 000 
Stück Kattun, Piqué, Wallis, Bettdecken u. s. w. jährlich gestempelt 
und vergeben. 
Im 16. Jahrhundert kam die Barchentmanufactur auf. Viele 
Niederländer, besonders Antwerpener, wanderten 1539 in Chennitz 
und Leipzig ein, um den Peinigungen Alba's zu entgehen; auch Ar- 
beiter aus dem deutschen Reiche wurden herbeigezogen und Kurfürst 
August förderte und unterstützte das Unternehmen, welches jedoch erst 
Anfang des 17. Jahrhunderts in Schwung kam. Die Tuchmacherei, 
welche im 16. Jahrhundert sich bedeutend entwickelt hatte, so daß 
1608 sich 240 Meister mit 100 Gesellen mit derselben nährten, 
wurde durch den dreißigjährigen Krieg vollständig zu Grunde ge- 
richtet. Dieses älteste Gewerbe der Stadt ging ein und die vormals 
tonangebende Innung verlor sich in anderen Erwerbszweigen. 
Anfang des 17. Jahrhunderts hatten die Chemnitzer Leineweber 
angefangen Canevas und Köper sowie Barchent zu weben, kurze Zeit 
darauf auch Rasche, wegen welcher die Tuchmacher einen Proceß an- 
fingen, der im Jahre 1723 auch glücklich zu Gunsten der Tuchmacher 
entschieden wurde. Seit Anfang des 18. Jahrhunderts wurden über-
	        
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