1854 Preußens Neutralität. 187
Wiedererlangung „des lieben Ländchens am Jura“, des stets
getreuen Neuenburg, auf dessen Bewohner er „stolzer sei,
als auf alle andern Unterthanen", in der ersten Reihe seiner
politischen Gedanken; wir werden später sehen, wie dies
krankhaft überspannte Gefühl die wichtigsten Folgen für ihn
und Preußen haben sollte.
Es bedarf kaum der Bemerkung, daß die Sendung des
Grafen Pourtales in London völlig erfolglos blieb. Aber
ebensowenig vermochte Baron Bunsen trotz aller Freundschaft
seines königlichen Gönners, diesen auf den Standpunkt der
Westmächte hinüber zu ziehen. Als im Februar 1854 die
entscheidende Anfrage der Westmächte erschien, sandte zwar
der König eine warme Bitte an seinen hohen Schwager,
durch Räumung der Fürstenthümer ein colossales Unheil von
Europa ferne zu halten: aber unverrückbar blieb er auf
seinem Standpunkte, daß er mit einem Kriege für Türken
und gegen Christen nichts zu thun habe, lehnte die von den
Westmächten vorgeschlagene Convention unbedingt ab. und er-
klärte, Preußen sei nach wie vor mit den Grundsätzen der
Protokolle einverstanden, aber in der Wahl der Mittel zu
ihrer Verwirklichung wolle es sich die Hände nicht binden.
Anfangs März sandte er darauf in eigenhändigen Briefen
— denn die Zeit schien ihm gekommen, wo die Kunst der
Diplomaten zu Ende sei, und die Souveräne die Sache in
die Hand nehmen müßten — an Victoria und Napoleon die
eindringlichsten Mahnungen zu Versöhnung und Frieden, und
sprach die Erklärung seiner absoluten und unbedingten Neu-
tralität aus. Denke man nun über seine Beweggründe, über
die einzelnen Schritte und die krausen Arabesken, womit der
König sie decorirte, wie man wolle, heute wird kein unbefangener