Full text: Vorgeschichte des Waffenstillstandes.

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Graf Rödern möchte wissen, ob militärischerseits große Befürchtungen deshalb 
gehegt würden, weil etwa einer der neuen Staaten in Österreich gegen uns gehen könnte 
und ob wir dagegen nicht Sicherungsmaßnahmen treffen müßten. 
Ludendorff schätzt diese Gefahr militärisch nicht hoch ein, dagegen sei der 
Abfall Österreichs wirtschaftlich sehr schlimm, weil dann Bayern und Sachsen keine 
Braunkohlen mehr von dort bekämen. 
von Payer: Sei es nicht möglich, daß, wenn neue militärische Mißerfolge ein- 
treten, wir die Front nicht mehr halten könnten, daß wir dann sofort Frieden schließen 
müßten? « 
Ludendorff: Wäre die Front so gesichert, daß man absolut nichts zu befürchten 
hätte, dann wäre die ganze Aktion von uns nicht gemacht worden. Er habe ja jetzt auch 
wieder ausdrücklich erklärt, daß die Aktion fortgesetzt werden solle. 
Wir würden vielleicht gezwungen sein, noch mehr zurückzugehen. Daß eine Katastrophe 
eintrete, befürchte er jedoch nicht. Werde aber trotzdem die Lage schlechter, dann müsse 
eben der angesponnene Faden weiter fortgesetzt werden. Jetzt müsse man aber die Lage 
mit etwas mehr Ruhe auf Grund der letzten Kriegserlebnisse ansehen. Wenn wir tat- 
sächlich geschlagen werden sollten, so müßten wir eben sofort kapitulieren. Gefährlich 
könnte es werden, wenn wir bei Verdun eine Niederlage erlitten, sonst sehe er die 
Gefahr nicht für so groß an. 
Solf: Die Frage sei, ob wir eine etwas heftigere Antwort wählen dürften, die 
unserer Würde entspräche, auch auf die Gefahr hin, daß Wilson abschnappe. Können 
wir dies verantworten? 
Ludendorff: Ja, wir können es verantworten. 
Scheüch weist darauf hin, daß die von ihm zugesagten Ersatzmannschaften erst 
nach und nach kommen könnten, womit sich Exzellenz Ludendorff (inverstanden erklärt und 
nur bittet, ihm sofort 75 000 Mann zu stellen. 
Graf Rödern weist darauf hin, daß Oberst Heye vor einiger Heit gesagt habe, 
es könne sein, daß wir bis zum Frühjahr die Front hielten, aber es könne auch täglich 
zum Durchbruch kommen. Vor einigen Tagen habe es an einem Faden gehangen, daß 
der Durchbruch gekommen wäre; die Truppen hätten keine Ruhe mehr. " 
Ludendorss:DurchsurückzichungersparenwirTruppen,dadieFront 
kürzer wird. 
Belasten wir die neue Note mit einer schärferen Tonart und schnappt darauf 
Wilson, so sehen wir daraus, daß er es niemals ehrlich gemeint hat. 
Der Reichskanzler bestreitet das letztere. Nach eingegangenen Nachrichten 
will Wilson Frieden, wird aber durch England und Frankreich bedrängt. 
Wir müssen uns klar sein, daß, wenn wir die Note so beantworten, wie beabsich- 
tigt, Wilson dann schwere Bedingungen stellt. 
Ludendorff spricht sich dafür aus, daß Wilson aufgefordert werde, sich über die 
Bedingungen zu äußern. Die Note müsse jetzt der Prüfstein sein, ob er es ehrlich meint 
und ob er auch die Macht hat, seinen Willen durchzusetzen. 
von Waldow weist darauf hin, daß die Nahrungsmittelversorgung durch große 
Transporte an die Front sehr verschlechtert worden sei, auf längere Zeit sei das nicht zu 
ertragen.
	        
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