10 WILIIELNI DER SIEGREITCTTE
allerbängste Stunde. Schmerzgebengt sah Friedrich
Wilhelm seine Luise an, ihre Hand in der seinen
haltend. „Ach! für mich ist nur Ruhe im Tode!“"
sagte sie mit vernehmlicher Stimme. „Es wird
5s bald vorüber sein,“ flüsterte weinend ihre geliebte
Schwester, die Prinzessin Solms. Der letzte Kampf
war wohl schwer; denn die Sterbende rief: „Herr
Jesus! kürze meine Leiden!“ Aber ihre Bitte
sollte nicht vergeblich sein; denn bald danach beugte
1 sie den Kopf langsam zurück, seufzte tief und schloß
die Augen für immer.
Leise öffnete der König die Thür und winkte
seine Söhne herein: „Die Mutter hat vollendet,
meine Kinder. Gott möge uns Trost verleihen!“
'# Thränenden Auges’ knieten die Prinzen am
Totenbett nieder. Es war der erste große Schmerz,
der ihre kindlichen Seelen erschütterte. In Wilhelms
Augen aber gab sich ein fester, beinahe drohender
Zug zu erkennen, der auf eine Wendung in seinem
20 Charaktergange zu deuten schien. „Napoleon —
Frankreich! Ihr seid schuld an dem Tode meiner
geliebten Mutter!“ mochte es durch die jugendliche
Seele tönen, und wie konnte es anders sein?
Hallten diese Worte doch im ganzen Lande wieder.
2s Der tieferschütternde Eindruck, welchen der frühe
Tod der geliebten Königin in allen Schichten der
Bevölkerung machte, ließ ein andres Urteil nicht
aufkommen.
Noch heut zeigt man im Sterbezimmer zu Hohen-
30 zieritz unter Glas und Rahmen den schlichten Kranz
von Eichenlaub, den Prinz Wilhelm damals im