III. Buch. Internationales Privatrecht. 97
VII. Bevor zu der Darstellung der glänzenden Entwickelung übergegangen wird,
welche die Materie des internationalen Privatrechts in Deutschland in den letzten
25 HFahren mittelst der völligen Umgestaltung der Gesetzgebung, sowie mittelst jener
Reihe ruhmvoller Staatsverträge genommen hat, welche das Deutsche Keich von 1890
bis 1912 abgeschlossen hat, muß hier zunächst noch der Arbeit gedacht werden, welche in
demselben Zeitraum in Gestalt literarischer Unternehmungen und in wissenschaft-
lichen Gesellschaften und Kongressen in und von Deutschland geleistet worden ist.
Literarische Unternehmungen. Dabei ist in erster Linie eine Reihe bedeu-
Weltbibliothek des Rechts. tender Arbeiten zu verzeichnen, welche durch
Übermittelung der Kenntnis ausländischen
Rechtes nicht nur wissenschaftliche Grundlagen gegeben, sondern auch durch Gewährung
sicheren Uberblicks über das im Auslande geltende Recht den Rechts- und Handelsver-
kehr Deutschlands mit den übrigen Ländern des Erdballs praktisch gestützt und gefördert
haben. Um nur das A#llerwichtigste zu nennen: Eine Sammlung der zahlreichen Handels-
gesetzbücher des Erdballs mit deutscher Ubersetzung (Begründer Borchardt), eine
spstematische Darstellung des Staatsrechts jedes einzelnen ausländischen Staates (Zelli-
nek, v. Laband, Piloty), eine Zusammenstellung aller ausländischen Verfassungsord--
nungen (Posener), eine Sammlung der Patentgesetze der Erde (Kohlen), eine ver-
gleichende Darstellung des Strafrechtes aller Länder (v. Liszt u. a.), ein Handbuch
der Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr (Leske, Loewenfeld) sind
in dieser Zeit von deutschen Gelehrten und von deutschen Verlegern unternommen
und durchgeführt. Diese Publikationen bilden eine Weltbibliothek des Rechtes, an
deren Möglichkeit in Deutschland vor 25 Jahren noch gar nicht zu denken war. Zwei
neugegründete Jahrbücher (eines von der Berliner Internationalen Vereinigung,
unter F. Mepyer, das andere von Rechtsanwalt Wertheim veranstaltet), sind dem
modernen internationalen Rechtsstoff auf dem Gebiete des Privat- und öffentlichen
Rechtes gewidmet, während die — ältere — Zeitschrift für vergleichende Rechtswissen-
schaft (Bernhöft, Kohler) sich vorzugsweise mit der rechts- und sittengeschichtlichen
Erforschung älterer Perioden und unentwickelter Kulturstufen befaßt. Während der-
artige Unternehmungen früher als Vorrecht der französischen und englischen Sprach-
und Kulturgebiete galten, ist munmehr Deutschlands Platz an der Sonne auch auf
diesem Gebiete gesichert.
Gesellschaften. Von Bedeutung für die internationalprivatrechtliche Entwickelung
sind endlich verschieddene in unserer Zeit in Deutschland gegründete
Gesellschaften, als deren wichtigste hier nur genannt seien: Die deutsche Landesgruppe
der Internationalen kriminalistischen Vereinigung (1889 gegründet), die Internationale
Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin
(1894), der Deutsche Seerechtsverein, Landesgruppe des „Comité Maritime International“
(1898), die Deutsche Vereinigung für internationales Recht, Landesgruppe der „Inter-
national Law Association“ (1912).
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