Full text: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. Erster Band. (1)

  
6 ODie Kolonien. V. Buch. 
  
von Menschenleben bei der Zagd und dem Transport zur Küste zugrunde gegangen 
sind. Dazu brandschatzten erst die von Gravenreuth bei Bombo geschlagenen und zer- 
sprengten Mafiti und dann die Wahehe die Stämme des mittleren und südlichen Teiles 
des Schutzgebietes. Die gegen letztere entsandte Zelewskische Expedition wurde von diesen 
fast gänzlich vernichtet, und erst mehrere Jahre später konnte vom Gouverneur von Schele 
durch die Unterwerfung dieses Stammes die Ordnung im größten Teile des Schutzgebie- 
tes endgültig wiederhergestellt werden, während Zohannes im Norden das Kilimandjaro- 
Meru-Gebiet sicherte. In Kamerun musßten die Schutztruppen schwere Kämpfe mit 
Dualastämmen und nach Herstellung der Ruhe im Küstengebiet mit den Hinterlands-- 
stämmen bestehen. Die unter den schwierigsten Verhältnissen ausgeführten Expeditionen 
von Kundt, Tappenbeck, Morgen und Zindtgraf haben den Weg zur Erschließung des 
Hinterlandes wesentlich geebnet. In Südwestafrika hatten sich Bantus und Hotten- 
totten in jahrzehntelangen Kriegen zerfleischt. Als sie sahen, daß diesen Zuständen durch 
die Aufrichtung der deutschen Herrschaft das Ende drohte, planten sie, sich zu versöhnen 
und sich gemeinsam gegen die Weißen zu wenden. Diese Absicht kam aber nicht zur Aus- 
führung, da zuvor unsere Fehde mit Witbooi begann, der dann durch Leutwein nach 
einer Verstärkung der Truppe niedergeworfen wurde. Ebenso wurden die sich nach und 
nach empörenden Osthereros, Khauan-, Afrikaner- und Zwartbooi-Hottentotten von ihm 
in den Jahren 1894 bis 1898 bekriegt und unterworfen. 
Schutztruppenorganisation. Erfreulicherweise suchten die Schutztruppen 
ihre Betätigung nicht allein im Kriegshand- 
werk, sondern beteiligten sich in großem Umfange an den Kulturarbeiten, namentlich 
an Wege- und Brunnenbauten. Daneben erwarben sie sich ein Verdienst durch Trian-- 
gulation, Routenaufnahmen und topographische Arbeiten. Besonders in Ostafrika wurde 
hierdurch der Grund zur Kartographie des Schutzgebietes gelegt. Die Organisation 
der Schutztruppen ist mehrfach geändert worden. Während der Umwandlung in 
Kaiserliche standen sie unter dem Kommando des Reichsmarineamts. Aber schon Mitte 
der neunziger Jahre wurden sie dem Reichskanzler und in seiner Vertretung dem 
Chef der Kolonialverwaltung unterstellt, von denen die militärische Kommandostelle 
der Schutztruppen in der Heimat „das Oberkommando“, unter Leitung eines Stabs- 
offiziers ressortierte. An die Spitze der Schutztruppen in den verschiedenen Kolonien 
standen als Kommandeure ebenfalls Stabsoffiziere. Anderungen sind, wie hier gleich 
vorweggenommen werden soll, im Jahre 1907 insofern eingetreten, als sowohl an die 
Spitze des nunmehrigen „Kommandos der Schutztruppen“, wie der Schutztruppe für 
Südwestafrika je ein Kommandeur in Regimentskommandeurstellung trat. Die Truppe 
für dieses Schutzgebiet rekrutiert sich im Gegensatz zu den beiden anderen, aus Farbigen 
bestehenden Schutztruppen aus Freiwilligen des Heeres. Auch die Schutztruppen für 
Ostafrika und Kamerun haben außer eingeborenen weiße Unteroffiziere, die jenen nicht 
unterstellt werden dürfen. Der Friedens- und Gefechtsverband ist die Kompagnie. 
Nur in Südwestafrika sind seit der Verstärkung der Truppe während des letzten Auf- 
standes zwischen dieser und dem Truppenkommando noch die etwa dem heimischen 
  
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