Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

98 Ueber die Verpflichtung restaurirter Regierungen 
dass nicht sowohl ein Wechsel der Inhaber einer und derselben 
Staatsgewalt stattgefunden hat, sondern eine wirkliche, 
völlige Auflösung eines ephemer bestandenen Staats, 
dessen einzelne Theile bei ihrer neuen Constituirung in gar keinen 
rechtlichen Zusammenhang mit der Staatsgewalt des Königreichs 
Westphalen getreten sind. 
Schon Hugo Grotius hat in seinem berühmten Werke 
de jure belli et pacis, Lib. I. im Cap. IX. Quando imperia vel 
dominia desinant, die Fälle unterschieden, wo ein Volk oder 
ein Staal aufhöre oder untergehe, und diejenigen, in welchen 
nur ein Uebergang in einen andern staatsrechtlichen Zustand 
stattfindet. Er bemerkt mit Recht, dass weder eine Aenderung 
der Beherrschungs- oder Regierungsform („non desinil debere 
pecuniam populus, rege sibi imposito, quam liber debebat“), 
noch eine Vereinigung mehrerer Staaten zu einem, noch eine 
Theilung eines Staats in mehrere — welchenfalls sie sich 
pro ratis portionibus in Activa und Passiva zu theilen haben — 
das Successionsverhältniss aufhebe. Ein Gleiches wird ohne 
Zweifel auch im Fall der Eroberung eines Landes vom Rechte 
des Siegers gelten (H. Grotius ]. c. Lib. IH. Cap. VIH.), und 
noch vielmehr, wenn der Uebergang des Landes an den Feind 
durch einen Friedensschluss anerkannt oder bestätigt worden ist. 
Ueberhaupt wird bei jeder Art von Union und bei der Incor- 
poration (Unio per suppressionem) die Anerkennung .der 
rechtlichen Verpflichtungen des unirten oder incorporirten Staats 
durch dasindiebisherige Staatsgewalt eintretende 
Subject als rechtliche Nothwendigkeit betrachtet werden müssen, 
einerlei, ob Erbrecht, Vertrag oder Kriegsrecht den Uebergang 
oder die Verbindung bewirkt. Denn in allen diesen Fällen nimmt 
entweder der Wille der einen Staatsgewalt die andere in sich 
auf, oder die eine ordnet sich freiwillig oder gezwungen der 
andern Staatsgewalt unter, und damit ist die rechtliche Verbindung 
oder die Identität der beiden Staatsgewalten in der Rechtsidee 
hergestellt '). 
Sobald dagegen eine Staatsgewalt ganz erlischt, ohne 
— 
1) Vergl. auch Heffte r, Europäisches Völkerrecht 6. 24.
	        
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