Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

448 Die staatswissenschaftliche Theorie der Griechen 
um sie bisher das Wissen von dem geistigen Leben crystallisirt ; 
durch sie ist. die Gewähr geboten, dass nun das, was sonst aller 
menschlichen Kunde verloren gegangen wäre, uns zur Erfüllung 
der Anschauung des Ganzen dauernd erhalten wird. Allein die 
Gefahr, das Kleinere zu verlieren, wenn man nicht das Grosse 
als einzige Hauptsache festhielt, ist jetzt wohl als eine beseitigte 
zu betrachten. Die Erkenniniss menschlicher Dinge steigt von 
den Höhen allmählich in die Thäler hinab, und fast mit 
jedem Tage gewinnt die Kunde derjenigen Verhältnisse, welche 
die, grösseren Erscheinungen als kleine aber massenhafte und 
dadurch machtvolle Mächte begleiten, eine immer höhere Bedeu- 
tung. Und wie es seiner Zeit nalturgemäss war, dass man sich 
mit Wissenschaft und Lehre an die höchste Aristokratie des 
menschlichen Geistes anschloss, so ist es nicht minder nalurge- 
mäss, dass man jelzt beginnt, die Masse des geistigen Daseins 
und Lebens mit in Berechnung zu ziehen. 
Offenbar aber kommt es, wie es uns wenigstens scheinen 
will, darauf an, nicht bei diesen Allgemeinheiten stehen zu blei- 
ben. Und in der That wird es nicht schwer sein, ein allgemeines 
Gesetz aufzustellen für die Erscheinung aller hervorragenden 
Werke im Gebiete der Staatswissenschafl einerseits, und für den 
Einfluss den sie ausüben andrerseits, ein Gesetz das wir hier 
auch desshalb darzulegen berechtigl sind, weil es seine volle, 
und wie das Folgende zeigen wird auch leichtverständliche Gel- 
tung nicht minder für die Zeit des Plalon und Aristoteles wie 
für unsere unmiltelbare Gegenwart hat. Es muss, wie uns scheinen 
will, dies Gesetz dem Studium jeder grössern und einfluss- 
reichern Erscheinung im Gebiete der Staatswissenchalt zum Grunde 
gelegt werden; und je genauer man es belrachtel, desto mehr 
wird man mit uns dahin übereinsliimmen, dass es nur dadurch 
möglich werden kann, den rechten Sinn der betreffenden Lehren, 
ja oft sogar die geistige Möglichkeit derselben zu verstehen. 
Denn es ist am Ende doch wahr, dass die grössten Irrthümer 
der Staatsweisen mehr den Verhältnissen ihrer Zeit als ihnen 
selbst angehören, und dass die Logik der sie folgen, noch mehr 
die ihrer Erlebnisse als die ihrer Gedanken ist. Und das nun
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.