über Armenpflege: und Heimathsrecht, 15
Um sie zu lösen, wird man die Bedingungen, an welche
die Erlangung von Rechten geknüpft werden soll, überall so
wählen müssen, dass sie zugleich als die nothwendigen Voraus-
setzungen der selbstständigen Erfüllung des Berufes für den
Einzelnen oder eines wohlthätigen Gebrauches seiner Freiheit,
daher als die Forderungen seines eigenen wohlverstandenen
Interesses anerkannt werden müssen.
Die nachtheiligen Folgen einer Verkennung der Bedingungen,
unter welchen eine fortschreitende Vermehrung der Bevölkerung
allgemein noch als wohlthätig betrachtet werden kann und der
irrigen Ansicht, dass die Sicherstellung dieser Bedingungen von
der Wirkung des sich selbst überlassenen Eigenvortheils erwartet
werden dürfe, neben der dabei festgehaltenen Verantwortlichkeit
des Staates für die Interessen der Gesammtheit wie für das
Schicksal des Einzelnen Ireten am offensten bei der Verwaltung
der Armenpflege hervor. Denn hier machen sie sich sofort als
Forderungen geltend; hier wird das Missverhältniss zwischen
den vorhandenen Mitteln und anerkannten Ansprüchen unmittelbar
anschaulich; hier erkennt man die endlichen Früchte der vom
Staat angenommenen und verkündelen Grundsätze auf das deut-
lichste.
Vorschläge, die in unserer Gesetzgebung herrschenden Prin-
zipien über die Rechte und Pflichten der Staatsangehörigen, über
die ihnen bei Verfolgung ihres Eigenvortheils einzuräumende
Freiheit und die dem Staate sowie seinen Organen vorzubehaltende
Macht .wesentlich umzugestalten, werden daher am überzeugendsten
begründet werden können, wenn wir von der Betrachtung der
Armenpflege ausgehen.
Wir beginnen dabei mil einer Darstellung der bestehenden
Verhältnisse.
1. Mängel der bestehenden Armenpflege.
Das Ziel, welches die Staatsverwaltung in Preussen bei der
Organisation der Armenpflege verfolgt, ist in dem Erlasse einer
Landesbehörde treffend dahin bezeichnet:
„dass kein wirklich Hilfsbedürftiiger ohne genügenden Beistand
„bleibt; dass die dazu erforderlichen Miitel in gerechter