Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

196 Studien über 
denn damit stiege der Schuldenstand auf 5800 Gulden und mit 
so viel Schulden geht der Besitzer fast gewiss zu Grunde. Wäre 
vollends das Gut auf 12000 Gulden taxirt worden, so müsste 
der Uebernehmer 3600 Gulden herauszahlen, die Verschuldung 
sliege auf 6600 Gulden oder beinahe auf zwei Drittel desjenigen 
Werths, zu welchem das Gut von Einem übernommen werden 
könnte. Um in leizterm Fall, wo noch keine übertriebenen Ver- 
hältnisse angenommen worden sind, zur Noth bestehen zu können, 
müsste der Uebernehmer mindestens 1600 Gulden von anderswoher 
in die Wirthschaft beibringen, und dann wäre er noch immer ein 
schwer verschuldeter Mann, den ein einziges grösseres Unglück 
im Viehstall oder auf dem Feld fast gewiss ruiniren muss. 
Man sieht aus diesem Beispiel, dass selbst bei Verkürzung 
aller übrigen Kinder bis auf den Pflichttheil ein Gut doch nicht 
immer geschlossen erhalten werden kann und dass die Schwierig- 
keit der Uebernahme desselben bei der Erbtheilung durch Einen 
Erben zunimmt, erstlich mit der Verschuldung und zweitens mit 
der Ueberwerthung des Guts. In der That kann auch überall 
in Deutschland, wo das System der geschlossenen Hofgüter 
gesetzlich besteht, der Betrag der Abfindung weit geringer aus- 
fallen, als der Pflichitheil nach württembergischem oder nach 
gemeinem Recht betragen würde. Immer geht man nämlich von 
der Voraussetzung aus, dass das Gut geschlossen bleiben müsse und 
nicht stärker belastet werden dürfe als so weit, dass der Hof 
in guter, gesicherter Wirthschaft erhalten werden kann. Dabei 
kann es nun kommen, dass die Abfindung sehr wenig beträgt, 
ja dass sie auf so gut als Nichts herabsinkt !). Erst in der 
allerneuesten Zeit hat auch die preussische Regierung ihren 
Kammern einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach in Westphalen 
ein Meistbeerbier, das ist ein Bauer, der über zwei Thaler 
Grundsteuer zahlt, sowohl unter Lebenden als von Todeswegen 
über sein Gut zu Gunsten eines Erben soll verfügen können, 
ohne dass die übrigen Erben das Recht haben sollen, die Ver- 
fügung auf den Grund des verletzten Pflichttheils zu bestreiten. 
Ebenso enthält der neue, später besonders zu erwähnende, bay- 
1) Pfeiffer, d. deutsche Meierrecht 1848 S. 252 fig.
	        
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