in Ilinblick auf den Anschluss an den Zollverein. 394
Diese Concurrenzfurcht ist eine schr verbreitete Erscheinung,
sie ist älter als der Zollverein und hat sich bei jedem Anschlusse der
einzelnen Staaten wiederholt. Als Preussen das Prohibitivsystem
aufgab und nach dem Frieden ein im Vergleiche mit der frü-
heren Gesetzgebung sehr liberales Zollsystem einführte, hielten
sich namentlich die Berliner Seidenweber und Baumwollenweber
für verloren; zur Unterstützung der Baumwollenweberei wurde
eine Summe von 50,000 Rihir. ausgesetzt; von dieser Summe
ist nichts gebraucht worden und die Baumwollenweberei hat sich
nicht nur gegenüber der einfuhrzollpflichtigen fremden Fabrikation
sehr gut gehalten, sondern auch die später hinzugelretene freie
Concurrenz der sächsischen Baumwollenindustrie wohl bestanden;
preussische Seidenwaaren bilden neben der Einfuhr gewisser
Gattungen fremder Seidenwaaren sehr geschätzte Ausfuhrartikel.
Die preussischen Tuchmacher beschwerten sich bitter, als an die
Stelle des früheren Verbotes der Wollausfuhr ein Ausgangszoll
von 3!/3 Rthir. per Centner trat, weil sie eine Vertheuerung des
Materials und damit eine Erschwerung der Concurrenzfähigkeit
befürchteten; aber die Gestaltung der Ausfuhr der Wolle ward
ein Motiv zur Vermehrung ünd Hebung der Schafzucht; das in-
ländische Tuchgewerbe konnte sich leicht und genügend mit
Wolle versehen; es hat die spätere Heruntersetzung des Aus-
fuhrzolls auf 2 Rihir. nicht nachtheilig empfunden und wird auch
die bevorstehende auf "3 Rthir. ertragen können.
Nach dem Beitritte Sachsens war man in dem früher ange-
schlossenen Kurhessen äusserst besorgt um das Schicksal der:
dortigen Tuchfabrikation. Auch diese Besorgniss hat sich nicht‘
verwirklicht. Während die Tuchfabrikanten und Tuchmacher zu
Eschwege der Mehrzahl nach zur Flanellfabrikation, - und zwar
mit dem besten Erfolge übergiengen, haben die Tuchfabrikanten-
zu Hersfeld, zu Melsungen u. s. w. ihre Etablissements sehr
erweitert und verbessert und finden willigen Absatz für ihre
preiswürdigen Waaren.
Vor einigen Jahren behauptete die französische Tuchfabri-
kation, einen höheren Schutzzoll gegen das belgische Tuch nöthig
zu haben und gleichzeitig verlangte die belgische Tuchfabrika-
tion einen stärkeren Schutz gegen das französische Tuch.
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 3s Heft. 26