Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 487 
allerdings auch hier nicht unwichtige Unterschiede in den Einzeln- 
heilen, von welchen nachstehende eine besondere Hervorhebung 
verdienen. 
Oesterreich hat ein genau geordnetes System, auf dessen 
Grundlage es gegenseitige Uebereinkünfte mit dem Auslande abzu- 
schliessen sucht, welches es aber auch, in Ermanglung von Ver- 
trägen, selbstständig befolgt. Diesen zu Folge werden Inländer 
nie ausgeliefert; Ausländer dagegen immer, und zwar sowohl 
wegen gemeiner, als wegen staatlicher Verbrechen. Die Aus- 
lieferung aber geschieht sowohl auf Verlangen des verletzten 
Staates, als ohne ein solches Ansuchen und somit von Amts 
wegen bei jeder steckbrieflichen Verfolgung. In leizterem Falle 
wird vorerst Verhaftung oder sonstige Sicherstellung gegen den 
Betreffenden angeordnet, dann dem verfolgenden Staate die Aus- 
lieferung angeboten. Wird letztere nicht angenommen, so erfolgt 
Bestrafung nach österreichischem Gesetze und nachherige Aus- 
weisung. (Zuständigkeit der Behörden und Verfahren sind ge- 
ordnet durch Hofdecret vom 10. Dec. 1808.) — Auf Grund 
dieser Bestimmungen sind denn Verträge geschlossen mit Parma, 
vom 3. Juli 1818; mit der Schweiz, vom 13. Sept. 1823; mit 
Toscana, vom 12. Oct. 1829; mit Sardinien, vom 6. Juni 1838 "). 
förmiges Völkergewohnbeitsrecht in Flüchtlingsfragen viel zu weit gehen. 
Dieselben lauten nämlich folgendermaassen: „Wenn es irgemid eine Regel 
giebt, welche in neuerer Zeit von allen gesittigten Staaten, gross oder klein, 
vorzugsweise befolgt wird, so ist es die, dass kein Staat einen politischen 
Flüchtling ausliefert, es müsste denn’ eine ganz bestimmte vertragsmässige 
Verbindlichkeit dazu bestehen; und Ihrer Majestät Regierung glaubt, dass 
nur wenige, wenn überhaupt nur welche, Verträge dieser Art bestehen. 
Die Gesetze der Gastfreundschaft, die Forderungen der Menschlichkeit, das 
allgemeine Gefühl verbieten solche Auslieferungen gleichmässig; und ein un- 
abbängiger Staat, welcher mit freiem Willen eine Handlung dieser Art vor- 
nähme, wäre verdientermaassen und ganz allgemein gebrandmarkt als herab- 
gewürdigt und entehrt.“ In wie ferne diese Ansicht eine theoretisch 
richtige ist, wird sich später zeigen; allein positives europäisches 
Völkerrecht ist sie offenbar nicht. 
1) In Beziehung auf diesen Vertrag besteht das eigenthümliche Verhält- 
niss, dass, als durch den Friedensvertrag vom 6. Aug. 1849 die früheren 
Verträge in globo für hergestellt erklärt wurden, die sardinischen Kammern 
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 8s Heft. 32
	        
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