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allerdings auch hier nicht unwichtige Unterschiede in den Einzeln-
heilen, von welchen nachstehende eine besondere Hervorhebung
verdienen.
Oesterreich hat ein genau geordnetes System, auf dessen
Grundlage es gegenseitige Uebereinkünfte mit dem Auslande abzu-
schliessen sucht, welches es aber auch, in Ermanglung von Ver-
trägen, selbstständig befolgt. Diesen zu Folge werden Inländer
nie ausgeliefert; Ausländer dagegen immer, und zwar sowohl
wegen gemeiner, als wegen staatlicher Verbrechen. Die Aus-
lieferung aber geschieht sowohl auf Verlangen des verletzten
Staates, als ohne ein solches Ansuchen und somit von Amts
wegen bei jeder steckbrieflichen Verfolgung. In leizterem Falle
wird vorerst Verhaftung oder sonstige Sicherstellung gegen den
Betreffenden angeordnet, dann dem verfolgenden Staate die Aus-
lieferung angeboten. Wird letztere nicht angenommen, so erfolgt
Bestrafung nach österreichischem Gesetze und nachherige Aus-
weisung. (Zuständigkeit der Behörden und Verfahren sind ge-
ordnet durch Hofdecret vom 10. Dec. 1808.) — Auf Grund
dieser Bestimmungen sind denn Verträge geschlossen mit Parma,
vom 3. Juli 1818; mit der Schweiz, vom 13. Sept. 1823; mit
Toscana, vom 12. Oct. 1829; mit Sardinien, vom 6. Juni 1838 ").
förmiges Völkergewohnbeitsrecht in Flüchtlingsfragen viel zu weit gehen.
Dieselben lauten nämlich folgendermaassen: „Wenn es irgemid eine Regel
giebt, welche in neuerer Zeit von allen gesittigten Staaten, gross oder klein,
vorzugsweise befolgt wird, so ist es die, dass kein Staat einen politischen
Flüchtling ausliefert, es müsste denn’ eine ganz bestimmte vertragsmässige
Verbindlichkeit dazu bestehen; und Ihrer Majestät Regierung glaubt, dass
nur wenige, wenn überhaupt nur welche, Verträge dieser Art bestehen.
Die Gesetze der Gastfreundschaft, die Forderungen der Menschlichkeit, das
allgemeine Gefühl verbieten solche Auslieferungen gleichmässig; und ein un-
abbängiger Staat, welcher mit freiem Willen eine Handlung dieser Art vor-
nähme, wäre verdientermaassen und ganz allgemein gebrandmarkt als herab-
gewürdigt und entehrt.“ In wie ferne diese Ansicht eine theoretisch
richtige ist, wird sich später zeigen; allein positives europäisches
Völkerrecht ist sie offenbar nicht.
1) In Beziehung auf diesen Vertrag besteht das eigenthümliche Verhält-
niss, dass, als durch den Friedensvertrag vom 6. Aug. 1849 die früheren
Verträge in globo für hergestellt erklärt wurden, die sardinischen Kammern
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 8s Heft. 32