Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

520 Völkerrechtliche Lehre 
die Aufgabe, seine eigene Rechisordnung zu wahren; und es 
unterliegt namentlich auch keinem Zweifel, dass er vollkommen 
berechtigt ist, geselzliche Strafen gegen Fremde auszusprechen, 
welche sich in seinem Gebiete gegen dieselbe vergangen haben. 
Allein hierzu ist nothwendig, dass er des Thäters habhaft sei. 
In dem vorliegenden Falle wird aber vorausgesetzt, dass dem 
nicht so sei, vielmehr der Tläter unbestreft unter die Botmässig- 
keit seines eigenen Staates habe zurückkehren können. Da einer 
Seits eine Befugniss des fremden Staates im diesseitigen Gebiete 
den Flüchtigen zu ergreifen, unter allen Umständen ausser Frage 
ist, auf der andern Seite die Weltrechtsordnung durch eine Straf- 
losigkeit beeinträchtigt bliebe: so ist eine Beihülfe des eigenen 
Staales gerechtfertigt und ist Pflicht. Und zwar nicht etwa blos 
desshalb, weil und wenn er seinen Unterthanen ausdrücklich ver- 
boten hat, in fremdem Gebiele Rechte zu verletzen (ein solches 
Verbot ist vielleicht gar nicht vorhanden); ferner auch nicht aus 
dem Grunde, weil das Strafgesetz dem Bürger persönlich anklebt 
und ihm so ins Ausland folgt (dieser mittelalterliche. Gedanke 
hält keine Prüfung aus) !'), sondern weil er die Verpflichtung 
hat, zur allgemeinen Herrschaft des Rechtes mitzuwirken. 
1) Es ist bereits oben, S. 468, vorläufig bemerkt worden, dass 
Berner, Wirkungskreis des Strafgesetzes, diesem Gedanken wieder Gültig- 
keit zu verschaffen und ihn zu einem maassgebenden iın internationalen Straf- 
rechte zu machen versucht. Seine Beweisführung ist ($. 126 fg ) nachstehende: 
Es folgt aus der ganzen Natur des Strafgesetzes, dass dasselbe den Inländer 
persönlich verbindet , und nicht blos territorial während seines Aufent- 
'baltes im Inlande. Der Staat bezeichnet nämlich im Strafgesetze die Hand- 
lung, welche er als unbürgerlich, als unvereinbar mit der Eigenschaft 
eines Staatsbürgers, betrachtet. Giebt man nun diese Eigenschaft nicht 
auf, so darf man auch keine ihr widersprechende Handlungen begehen; selbst 
im Auslarde nicht. Diess gilt aber nicht von rein localen Vergehen, na- 
mentlich gegen localpolizeiliche Vorschriften, welche nur am Orte der That 
verletzt werden können. — Indem-ich mir vorbehalte, den letzteren Neben- 
punkt an seiner Stelle zu erörtern, muss ich, gegen den Grundsatz selbst, 
sowie gegen die Beweisführung für denselben entschieden auftreten. — Vor 
Allem widerspricht das angebliche Wesen des Strafgesetzes den elementar- 
sten Begriffen. Der Staat verbietet gewisse Handlungen, weil sie der ob- 
jectiven Rechtsordnung zuwiderlaufen; und er belegt die Ungehor- 
samen mit einem bestimmten Uebel, der Sırafe, aus einer (inneren oder
	        
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