Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 529 
wegs, sondern es muss der zur Mithülfe Aufgeforderte nach 
Prüfung der ihm gelieferten Beweise sich von dem wirklichen 
Vorhandensein einer strafbaren Handlung überzeugt halen. So 
lange ihm daher der, sei es objeclive, sei es subjective, Thatbe- 
stand ungenügend hergestellt oder die Strafbarkeit der in Frage 
stehenden Handlung nicht nachgewiesen ist, verbietet ihm die 
eigene Selbsiständigkeit jedes Einschreiten. Und zwar ist dabei 
wohl zu beinerken, dass das Urtheil über diese Vorfrage nicht 
aus den Rechisanschauungen und Gesetzen des fremden Staates, 
sondern aus der eigenen Auffassung von Recht und Unrecht her- 
vorzugehen hat. Allerdings ist der Staat nicht dazu ermächtigt, 
über die innere Güte der positiven Gesetze eines andern Staates 
zu Gericht zu sitzen, und kann er etwa die ihm nicht zusagen- 
den für nichtig erklären: allein er ist auch nicht schuldig, An- 
ordnungen Fremder zum Vollzuge zu bringen, welche ihm gegen 
die allgemeinen Begriffe von Recht zu laufen scheinen. Gerade 
weil er sich dazu versteht, die Rechtsordnung in der Welt auf- 
recht erhalten zu helfen, ist es seiner Gesinnung zuwider, Un- 
recht zu fördern. — Anderer Seils geht aus dem aufgestellten 
Grundsatze der selbsiständigen Mitwirkung zur Rechtsordnung 
die Verpflichtung hervor, die nothwendige Hülfe auch ohne be- 
sondere Aufforderung zu leisten, sobald nur die erforderlichen 
Gründe zur Ueberzeugung in ohjecliver und subjectiver Bezie- 
hung vorhanden sind. Es hat also der Staat auch dann einzu- 
schreiten, wenn er ohne alle Mitiheilung von Seiten des Verletzten 
sonstige sichere Nachricht von einem Verbrechen erhält, welche 
ein in seinem Gebiete sich aufhaltender Flüchtling in fremdem 
Gebiete begangen hat. Ja, es ist sein Recht und seine Pflicht, 
selbst blos Durchreisende, von deren im Auslande begangenen 
rechtswidrigen Handlungen er genügend unterrichlet ist, anzu- 
halten. Das Vorhandensein eines richtigen Passes oder dergl. 
ändert nichts an dieser höheren Aufgabe des Staates. 
Hiernach entsteht nun freilich die wichtige Frage, auf welche 
Weise der Staat in denjenigen Fällen, in welchen ihm wirklich 
‚eine Herstellung verleizier Rechtsordnung nolhwendig zu sein 
scheint, seine Beihülfe zu leisten hat? Entweder nämlich kann 
er auch hier seine Mitwirkung durch Verweisung an seine eigenen
	        
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