618 Ueber Begriff und Wesen
Die fördernde Regierungssorge, wie es aus den vorstehenden
Andeutungen hervorgeht, richtet sich sowohl auf die Personen
als auf die Sachgüter, oder vielmehr auf das Verhalten der Men-
schen in Bezug auf die Sachgüter. Den ersteren entspricht die
Volksbildungssorge (Culturpolizei u. s. w.), in wel-
cher das Verhalten der höchsten Gewalt gegen Kirche und Schule,
sowie alle Anordnungen für die Anregung allseitiger Bildungs-
bestrebungen, auch die Bestrafung der öffentlich auftretenden
Unsittlichkeit begriffen sind. Bei den Sachgütern erscheinen wieder
zwei wesentlich verschiedene Zwecke, denn es soll nicht blos
allen Staatsbürgern die reichliche Versorgung mit solchen Hülfs-
mitteln erleichtert, sondern auch die Staatsgewalt selbst mit dem
Bedarfe an solchen Gütern ausgestattet werden, um für alle Staats-
zwecke den erforderlichen Aufwand zu machen. So entsteht die
Nothwendigkeit einer Volkswirthschaftspflege oder Wohl-
standssorge und einer Regierungswirthschaft, die
man Finanzverwaltung zu nennen gewohnt ist. Es möchte
überflüssig sein, hier die Unentbehrlichkeit dieser fördernden
Thätigkeiten darzuthun, denn sie ist nicht allein bei dem Finanz-
wesen, sondern auch bei den zwei früher genannten Zweigen
sowohl allgemein üblich als allgemein in der Wissenschaft aner-
kannt. Was sollte auch die Regierung abhalten, unmittelbar für
Wohlstand und Bildung des Volkes in allen Fällen zu wirken,
wo sie Mittel hiezu hat, da beide unzweifelhaft zu den mit Noth-
wendigkeit gebotenen Strebezielen sowohl für die Einzelnen als
für die ganze bürgerliche Gesellschaft gehören und die offen-
bare Unzulänglichkeit der Privatbestrebungen den Beistand der
Staatsgewalt zum Bedürfniss macht !) ?
Ueber die beiden, als selbstständig neben der Polizei-,
Finanzwissenschaft u. s. w. einzureihenden Theile der Politik,
nämlich die Volkswirthschafts- und Volksbildungs-
1) Neben den hier aufgeführten Haupttheilen der Regierungsgeschäfte
giebt es noch mehrere, die keinen einzelnen materiellen Zweck haben, son-
dern nur einen formalen, z. B. die Leitung der Wahlen zu den Landes- und
Provinzialständen und der Verkehr mit denselben, die Wahlen und Ernen-
nungen zu den Gemeindeämtern, — ferner die allgemeinen Anordnungen zur
Landesstatistik.