fullscreen: Der Weltkrieg 1914. Band 1. (1)

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maßregel, die erforderlich ist zur Beschützung der Neutralität des Reiches. 
Die Grenzen Jütlands können nicht verteidigt werden gegen eine deutsche 
Invasion, und so hat Dänemark Kopenhagen zu einem befestigten Platz 
gemacht, wo es alles in Sicherheit bringen kann, was des Landes Souverä- 
nität und Macht repräsentiert. Die Sperrung der Wasserstraßen, die See- 
land mit der Hauptstadt von dem übrigen Reiche trennen, findet also ihre 
Erklärung in der Rücksicht auf die nationale Verteidigung. Als die alten 
dänischen Schiffahrtsabgaben durch die interessierten Mächte durch eine ein- 
malige Erstattung abgelöst wurden, verpflichtete sich jedoch Dänemark, die 
freie Durchfahrt für alle Handelsschiffe zu sichern. Man behauptet nun in 
Kopenhagen, daß diese Verpflichtung durch das Auslegen von Minen nicht 
beeinträchtigt würde, da die Lotsen beordert sind, die Handelsschiffe durch 
die Minenfelder durchzuführen. Hingegen verbieten es die Neutralitäts- 
pflichten den Dänen, die Flotten der kriegführenden Mächte zu lotsen. Um 
sich nicht Repressalien auszusetzen, wird Dänemark die getroffenen Vorsichts- 
maßregeln nicht aufheben. Auf der anderen Seite wird es aber wohl auch 
keinen Widerstand entgegensetzen, der auch unmöglich ist gegenüber einer 
Macht, die ohne Hilfe dänischer Lotsen den Versuch machen würde, die 
Sperrungen zu passieren, um eine effektive Blockade der Ostsee ins Werk zu 
setzen. (Berl. Tageblatt, 23. Sept.) 
Der Brand der Kathedrale von Reims. 
Die Architektut im wesentlichen noch erhalten. — 
Brand des Dachstuhls. 
Rotterdam, 22. September. Der Pariser Korrespondent des 
„Nieuwen Rotterdamer Courant“ war gestern nachmittag zwei Uhr selbst 
im Reimser Dom. Die Kathedrale selbst und ihre Umgebung waren zwar 
Fabese beschädigt, das architektonische Ganze aber war im wesentlichen 
erhalten. 
Den „Evening News“ zufolge isi später ein hölzernes Gerüst der öst- 
lichen Seite des Domes in Flammen geraten, brennende Balken stürzten auf 
das Dach, das alsbald entbrannte. Hieraus geht hervor, daß der Brand 
einem Unglücksfall zuzuschreiben ist. (Zu erinnern ist, daß in letzter Zeit 
auch in Holland einige wertvolle Kirchen durch in Brand geratene Gerüste 
dem Feuer zum Opfer fielen.) Französische Aerzte retteten mit Mühe die 
deutschen Verwundeten, die im Dom lagen. Die Bevölkerung nahm gegen 
die Verwundeten eine drohende Haltung ein, Priester beruhigten sie aber. 
Der Dom sei jetzt nur ein „Gerippe von schwarzen Mauern“. Derselbe 
Korrespondent behauptet verleumderischerweise, die Deutschen hätten seit 
dem Sonntagmorgen vom Hügel bei Nogent l'Abesse absichtlich auf den 
Dom gezielt. 1 
Die französische Regierung hat gegen die Beschießung von Reims bei 
allen Mächten Protest eingelegt. Ihre Beschwerde lautet: „Ohne den 
Schein der mliitärischen Notwendigkeit anführen zu können, haben deutsche 
Truppen aus reiner Zerstörungssucht den Dom von Reims planmäßig heftig 
bombardiert. Augenblicklich ist die berühmte Hauptkirche eine Ruine. Es 
ist Pflicht der französischen Regierung, diese abscheuliche Tat des Vandalis- 
mus, der dadurch, daß ein Heiligtum unserer Geschichte dem Feuer über- 
geben wurde, die Menschheit eines unvergleichlichen künstlerischen Erbteils 
beraubte, der allgemeinen Entrüstung zu übergeben. gez. Delcassé.
	        
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