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Frage, wie sich die Lieferung von Kriegsmaterial an Deutschlands
Gegner mit der Neutralitätserklärung des Präsidenten Wilson zu
Anfang des Weltkrieges vereinbare, antwortete der Botschafter, er
persönlich wisse nichts von solchen Lieferungen; aber falls besonders die
Nachrichten über den Transport von Munition und Waffen aus der
Union sich bestätigen sollte, so sei das nicht gegen das Völkerrecht. Die
Sachen stammten ja von privaten Lieferanten, und diese würden
dasselbe nach Deutschland schicken, wenn es drüben Bestellungen auf-
geben würde. Natürlich sei der Transport dann schwieriger und das
Risiko größer. Würden deutsche Kreuzer die Schiffe, die mit Kriegs-
konterbande für England beladen sind, aufgreifen, so würden sie diese
kapern. Nie und nimmer kann die Regierung der Vereinigten Staaten
Ausfuhrverbote für solche Waren erlassen, da der Verkauf von Landes-
erzeugnissen nicht unter ihre Kontrolle gestellt werden kann. Als die
Union in Mexiko während des letzten Aufstandes Truppen landete,
brachte der deutsche Dampfer „Kronprinzessin Cecilie“ für die Auf-
ständischen Waffen nach dort. Derselbe Dampfer werde heute in den
Vereinigten Staaten vor englischen Schiffen geschützt, da er sich dorthin
zurückflüchten mußte, wie noch erinnerlich sein dürfte. Herr Gerard
sagte weiter, die Stimmung in Amerika beginne zugunsten von Deutsch-
land und Oesterreich-Ungarn umzuschlagen, was ja ein erfreuliches
Zeichen sei. Durch eine gerechte Beurteilung der Lage werde die
Stimmung auch weitere Fortschritte machen. Zu Beginn des großen
Ringens sei der Nachrichtendienst nach der Union außerordentlich
schwierig zu bewerkstelligen gewesen. Daraus erkläre sich allein schon,
daß deutsche Berichte sehr spärlich nach Amerika gelangen konnten.
Die Verhältnisse sind auch heute nicht viel besser. (Berl. Tagebl.,
30. November.)
Der Bericht der Obersten Heeresleitung.
Amtlich. Großes Hauptquartier, 30. Nov., vorm.
Von Westfront nichts zu melden.
An ostpreußischer Grenze mißglückte ein Ueberfallsversuch stärkerer
russischer Kräfte auf deutsche Befestigungen östlich Darkehmen unter
schweren Verlusten; der Rest der Angreifer, einige Offiziere und 600
Mann, wurde von uns gefangen genommen.
Südlich der Weichsel führten die gestern mitgeteilten Gegenangriffe
zu nennenswerten Erfolgen. 18 Geschütze und mehr als 4500 Gefan-
gene waren unsere Beute.
In Südpolen ist nichts Besonderes vorgefallen.
Oberste Heeresleitung. (W.T.B.)
Ausfüllung der Heereslücken in Frankreich.
(W.T.B.) Lyon, 29. November.
Zur Beruhigung des in Frankreich herrschenden Unwillens, daß
eine große Anzahl Mobilisierter nicht eingestellt sei, schreibt „Lyon
Républicain“, es habe sich dabei um Ueberzählige gehandelt, welche in
weitaus größerer Zahl eintrafen als vorhergesehen. Es fehlte an Offi-
zieren und schien daher unnütz, die Staatskosten zu erhöhen und größere