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§ 1. Der Reichstag wird bis zum 2. März 1915 vertagt.
§ 2. Der Reichskanzler wird mit der Ausführung dieser Ver-
ordnung beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchst Eigenhändigen Unterschrift und
beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben im Großen Hauptquartier, am 2. Dezember 1914.
Wilhelm,
gegengezeichnet: von Bethmann Hollweg.
Ich habe die Ehre, die Urkunde dieser Schrift Ihrem Herrn Präsi-
denten zu überreichen. ·
Präsident Dr. Kaempf erbittet und erhält die Ermächtigung, den
Parlamenten der mit uns treu verbundenen Länder Oesterreich-Ungarn
und des Ottomanischen Reiches namens des Reichstags eine Sympathie=
kundgebung zugehen zu lassen und die Tagesordnung für die nächste
Sitzung, die man ja noch nicht ganz genau wiisse, selbst festzustellen. Er
fährt dann fort: Somit sind wir am Schlusse unserer heutigen Sitzung
angelangt und wir trennen uns in dem erhebenden Gefühl, für das
Vaterland getan zu haben, was in diesem Augenblicke zu tun unsere
Pflicht war. Mit dem Rufe: Seine Majestät der Deutsche Kaiser, das
Volk, unser Volksheer und unsere Marine und unser Vaterland, sie
leben hoch! (Das ganze Haus stimmt dreimal begeistert in diesen Ruf ein.)
Schluß gegen 6 Uhr.
Der Kaiser in Breslau.
Großes Hauptquartier, 5. Dezember, vormittags.
Seine Majestät der Kaiser hatte gestern in Breslau eine Besprechung
mit dem Oberstkommandierenden des österreichisch-ungarischen Heeres,
Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog Friedrich,
der von Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog-
Thronfolger Karl Franz Josef und dem Chef des Generalstabes, General
der Infanterie Freiherrn Conrad v. Hoetzendorf, begleitet war. Später
besuchte der Kaiser die Verwundeten in den Lazaretten der Stadt.
Oberste Heeresleitung.
Großes Hauptquartier, 3. Dezember vormittags.
Auf beiden Kriegsschauplätzen hat sich nichts Besonderes ereignet.
Oberste Heeresleitung. (W.T. B.)
Zwei neue Justizmorde an Deutschen in Marokko.
Gens, 3. Dezember.
Das Kriegsgericht von Casablanca verurteilte, wie man von dort
dem „Temps“ meldet, den früheren deutschen Konsularagenten Brandt
und seinen Associ Carl zum Tode. Sie werden beschuldigt, Spionage
getrieben und den Eingeborenen Waffen geliefert zu haben.
Die beiden Deutschen sind Chefs erster Firmen in Casablanca und
dort seit 30 Jahren ansässig. Brandt ist seit etwa 20 Jahren österreichischer