Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Erster Band. Deutsches Reich. (1)

354 2. Buch. 2. Abschnitt. Verfassungsrecht des Deutschen Reiches. 
Deckung von 1/8 des Notenbetrages ausgeben darf. Im übrigen 
kann das Recht zur Ausgabe von Banknoten (für Oldenburg auch in 
Form von Staatspapiergeld) oder zur Erweiterung des zulässigen 
Ausgabetrages nur durch ein Reichsgesetz erlangt werden. Bei Erlaß 
des Bankgesetzes (1875) gab es im Reiche 33 Notenbanken mit einem 
ungedeckten Notenumlaufe von insgesamt 385 Millionen Mark. 
Die Privatnotenbanken dürfen, solange sie das Notenrecht besitzen, 
außerhalb des Staates, in dem ihnen das Notenprivileg eingeräumt 
ist, keine Bankgeschäfte betreiben und ihre Noten nicht zu Zahlungen 
gebrauchen, ihr Betrieb untersteht der Beaufsichtigung des Reichskanzlers. 
8 115. Die Börsengesetzgebung des Reichs (Depotgesetz). 
Um aufgetretenen Mißständen im Geschäftsbetriebe der Börsen 
zu steuern, erging auf Grund der Ergebnisse der Börsenenquête- 
kommission, die auf Berufung des Reichskanzler vom 6. April 1892 
bis 25. November 1893 getagt hatte, das Börsengesetz vom 22. Juni 
1896 (RGBl. S. 157 ff.). 
Gliederung und Inhalt des Gesetzes. 
Das Gesetz zerfällt in 6 Abschnitte, von denen Abschnitt 1 die 
allgemeinen Bestimmungen über die Börse und deren Organe (§§ 1—28), 
Abschnitt II die Fesisellung, des Börsenpreises und das Maklerwesen 
(5§ 29—35), Abschnitt III die Zulassung von Wertpapieren zum 
Börsenhandel (§§ 36—47), Abschnitt IV den Börsenterminhandel 
(§§ 48—69), Abschnitt das Kommissionsgeschäft (688 70—74), 
Abschnitt VI Straf= und Schlußbestimmungen (§8 75—82) behandelt. 
Die wichtigsten Bestimmungen dieses Gesetzes sind folgende: 
Die Errichtung einer Börse 1) bedarf der Genehmigung der Landes- 
regierung, die die Aufsicht über sie ausübt, auch bestehende Börsen 
aufheben kann. In welcher Weise und durch welche staatlichen Organe 
die Landesregierungen das Recht und die Pflicht der obersten Aufsicht 
ausüben wollen, ist ihrer Entschließung überlassen. Um jedoch die 
dauernde und unmittelbare Fühlung zwischen der Landesregierung und 
der einzelnen Börse zu sichern, sind nach § 2 bei den Börsen Staats- 
kommissare zu bestellen. Als Organen der Landesregierung liegt ihnen 
ob, den Geschäftsverkehr an der Börse sowie die Befolgung der in 
bezug auf die Börse erlassenen Gesetze und Verwaltungsbestimmungen 
zu überwachen und über etwaige Mißstände zu berichten. Als beratendes 
Organ schreibt § 3 die Bildung eines Börsenausschusses vor, welcher 
als Sachverständigenorgan über die durch das Börsengesetz der Beschluß- 
fassung des Bundesrats überwiesenen Angelegenheiten zu fungieren 
hat, wobei ihm die Befugnis eingeräumt ist, Anträge an den Reichs- 
kanzler zu stellen und Sachverständige zu vernehmen. Für jede Börse 
  
1) Über die Begriffsbestimmung der Börse hat sich das O#. (Urteil vom 
26. November 1898 Bd. 34 S. 315 v. Kamptz Erg. Bd. 1 S. 417) dahin geäußert: 
Börse ist die regelmäßige, nach Ort und Zeit bestimmte Versammlung einer 
Mehrzahl von Personen, meist selbständiger Kaufleute, um Handel, vorwiegend Groß- 
handel, mit nicht zur Stelle gebrachten, vertretbaren Waren zu treiben.
	        
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