§8 18. 1. Die geschichtl. Entwicklung 2c. 2. Die gegenw. Gestaltung. 83
verdankt die oberste Kontrollbehörde des preußischen Staates, die Ober-
rechmmgskammer, ihre Entstehung. Dieser große König ist der Vater
eines pflichttreuen Beamtentums geworden, dem Preußen mit seine
Größe verdankt. Leider wurde das große Reformwerk Friedrich Wilhelms I.
unter seinen Nachfolgern nicht fortgeführt, sondern geriet in Verfall,
und es griff eine bedenkliche Desorganisation, besonders unter Friedrich
Wilhelm II., Platz, welche schließlich mit zum Zusammenbruch des
preußischen Staates im Jahre 1806 führte.
Erst der Stein-Hardenbergschen großzügigen Reformgesetzgebung war
es vorbehalten, unter Anlehnung englischer und französischer Muster
in Anknüpfung an die bewährten brandenburg-preußischen Traditionen
eine zeitgemäße Reorganisation der gesamten Staatsverwaltung durch-
zuführen. Die bisherige Grundlage der Verwaltung, die Bezirks= und
Kreisverwaltung, bleibt bestehen. Die Kriegs= und Domänenkammern
werden von nun an Regierungen genannt und erhalten eine weitere
Gliederung in Abteilungen. Neu gestaltet wird die Zentralverwaltung
durch die Einrichtung des Staatsministeriums. Während Stein dieses
Staatsministerium kollegial formieren wollte, wurden nach Rücktritt
Steins unter Hardenberg die Staatsminister dem Staatskanzler unter-
stellt, dessen Funktionen er selbst übernahm. Neu geschaffen wurde
ferner durch Stein das Amt des Oberpräsidenten, welcher die Mittels-
person zwischen Regierung und Zentralverwaltung bildet. Den Städten
wird durch die Städteordnung von 1808 freie Selbstverwaltung ge-
währt. Nach Hardenbergs Tode, 1822, wurde ein Staatskanzler nicht
mehr ernannt, sondern nur noch ein Ministerpräsident, der nur primus
inter pares ist. Neue Aufgaben für die Organisation der Verwaltung
erwuchsen dem preußischen Staate durch die Einverleibung von Rhein-
land und Westfalen in den preußischen Staatsverband. Es galt hier-
bei die eigenartige Entwicklung, welche gerade diese Provinzen mit
ihrer alten Kultur, hochentwickelten Industrie, aufgeklärten Anschau-
ungen besaßen, nicht unberücksichtigt zu lassen und ihren Lebensgewohn-
heiten und Anschauungen gerecht zu werden. Zudem fehlte hier der
im Osten so wichtige Großgrundbesitz. In diesen Provinzen wurde
war auch die Provinzialverwaltung mit Oberpräsident und Regierung
* eingeführt, auch die Städteordnung, jedoch unter Wahrung der
provinziellen, nach französischem Muster gebildeten Eigentümlichkeiten.
Man sah deshalb von der Ubertragung der kollegialen Magistrats-
verfassung ab und ließ an deren Stelle das französische Präfektensystem
fortbestehen. Auch die Organisation der unteren Stufen der Verwaltung
des platten Landes erfolgte nicht nach altpreußischem Muster, sondern
man behielt die größeren, ländlichen Kommunalverbände, die bereits be-
standen, als Amter bezw. Bürgermeistereien bei. Die Verfassung der
Landgemeinden behielt ihre besondere gesetzliche Regelung durch die
Landgemeindeordnung für Rheinland und Westfalen.
Die dritte Epoche der Neugestaltung oder richtiger der Ausgestaltung
der preußischen Verwaltung bildet die Gesetzgebung der 70 er und 80 er
Jahre, durch welche die Selbstverwaltung der Kreise und Provinzen
spstematisch durchgeführt und eine Rechtskontrolle der Verwaltung durch
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