§ 19. Die Minister. 85
sie in der Erledigung der Geschäfte von den vortragenden Räten ihres
Ministeriums unterstützt werden. Die Tätigkeit der letzteren ist nur
eine referierende, so daß die endgültige Entscheidung allein dem Minister
als Chef zusteht.
In der Führung ihrer Geschäfte sind sie nur abhängig:
a) von dem Willen ihres Königs, der sie beruft und entläßt, und
dessen Willen sie auszuführen haben, soweit die Ausführung der
Befehle des Königs nicht gegen die bestehenden Gesetze verstößt. In
dem letztgedachten Falle können sie allerdings nur ihre Entlassung
erbilten.
6) Sie sind ferner gebunden durch die Vorschriften der Gesetze, die
auch für die Prüfung der Ausführbarkeit der ihnen gewordenen
Allerhöchsten Aufträge maßgebend sein müssen.
Im übrigen sind die Minister in ihrem Ressort von den anderen
Ministern völlig unabhängig und entscheiden selbständig. Bei Fragen,
die mehrere Ressorts berühren, bedarf es der vorgängigen Verständigung
zwischen den beteiligten Ministern, bei unausgleichbaren Meinungsver-
schiedenheiten geht die Angelegenheit an das „Staatsministerium“, das
Kollegium sämtlicher Staatsminister, welches die Erledigung der
ftreitigen Angelegenheit allerdings nicht durch Mehrheitsbeschluß, sondern
mx durch Nachgiebigkeit, Kompromiß oder Rücktritt des in Betracht
kommenden Ministers herbeiführen kann.
Die Verantwortlichkeit der Minister ist bezüglich ihrer Geschäfts-
führung eine doppelte:
a) gegenüber ihrem Könige, sofern sie seinen Befehlen bezw. Wünschen
und Intentionen nicht nachkommen (dienstliche Verantwortlichkeit);
8) gegenüber dem Landtage (parlamentarische Verantwortlichkeit).
Die Prüfung des Landtages gegenüber den Ministern erstreckt sich
auf alle Amtshandlungen und Vorkommnisse innerhalb ihres Ressorts,
ohne Rücksicht darauf, ob der Minister selbst dabei beteiligt ist oder
davon Kenntnis erlangt hat. Zwecks Klarstellung ist der Landtag
berechtigt, an den Minister „Interpellationen“ zu richten, um Abhilfe
zu erlangen, kann der Landtag „NResolutionen“ an das Staats-
ministerium und endlich auch „Adressen“ an den König richten (Art.
44, 60, 81, 82 Vl.).
Hat ein Minister sich einer Verfassungsverletzung, Bestechung oder
des Verrats schuldig gemacht, so ist der Landtag durch Beschluß
berechtigt zur Erhebung der Ministeranklage (Art. 61 Vl.).
Da die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlich-
keit, die Strafen und das hierbei Platz greifende weitere Verfahren
der Regelung durch ein besonderes Gesetz im Abs. 2 des Art. 61 Vl.
vorbehalten sind und dieses Gesetz bisher noch nicht ergangen ist, da
ferner gegenwärtig der zur Entscheidung berufene oberste Gerichtshof
der Monarchie infolge Wegfalls des ehemals zuständigen preußischen
Or. (§ 12 des preußischen AG. z. G. vom 24. April 1878)
fehlt, so läßt sich die rechtliche anerkannte juristische Verantwortlichkeit
nicht praktisch verwirklichen.