112 2. Buch. Die Organe der Staats= und staatlichen Selbstverwaltung.
welche der Amtsvorsteher unter Mitwirkung des Amtsausschusses zu
erlassen befugt ist, die Außerung über Abänderung des Amtsbezirks,
die Bestellung, sowie die Wahl besonderer Kommissionen oder Kom-
missarien zur Vorbereitung und Ausführung von Beschlüssen des Amts-
ausschusses, die Beschlußfassung über sonstige Angelegenheiten, welche
der Amtsvorsteher aus dem Kreise seiner Amtsbefuguisse dem Aus-
schusse zu diesem Zwecke unterbreitet, und endlich die Beschlußfassung
über solche Kommunalangelegenheiten, welche durch übereinstimmenden
Beschluß der beteiligten Gutsbezirke und Gemeinden dem Amtsausschusse
überwiesen werden. Die Sitzungen des Amtsausschusses sind in der
Regel öffentlich. Der Amtsvorsteher führt den Vorsitz mit vollem Stimm-
recht und hat dieses Stimmrecht auszuüben neben dem Stimmrecht,
welches ihm etwa außerdem als Vertreter eines Gutsbezirks oder einer
Gemeinde gebührt. Der Amtsausschuß kann nur beschließen, wenn
mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist; sonst muß die Ver-
handlung wiederholt werden, und bei der zweiten Beratung über den-
selben Gegenstand können alsdann die erschienenen Mitglieder ohne Rück-
sicht auf ihre Zahl einen gültigen Beschluß fassen. Zu einem solchen ist
in allen Fällen die Mehrheit der Stimmen erforderlich. Bei Stimmen-
gleichheit gilt der Antrag als abgelehnt. Beschlüsse des Amtsausschusses,
welche dessen Befugnisse überschreiten oder die Gesetze verletzen, hat der
Amtsvorsteher, entstehenden Falls auf Anweisung der Aufsichtsbehörde,
unter Angabe der Gründe zu beanstanden und zwar mit aufschiebender
Wirkung. Der Amtsausschuß kann dagegen innerhalb einer Frist von
zwei Wochen bei dem Kreisausschusse Klage erheben und zur Wahr-
nehmung seiner Rechte in dem Verwaltungsstreitverfahren einen be-
sonderen Vertreter erwählen. — Beschlüsse des Amtsausschusses, be-
treffend die Veräußerung von Grundstücken oder Immobiliarrechten, oder
die Aufnahme von Anleihen, durch welche der Amtsverband mit einem
Schuldenbestande belastet oder der bereits vorhandene Schuldenbestand
vergrößert werden würde, bedürfen der Genehmigung des Kreisausschusses.
Ohne diese Genehmigung sind die bezeichneten Rechtsgeschäfte nichtig.
Außerdem ist zur Aufnahme von Anleihen noch die Zustimmung sämt-
licher zu dem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und Gutsbezirke not-
wendig.
3. Der Amtsvorsteher. Er wird auf 6 Jahre vom Oberpräsidenten
aus den Amtsangehörigen auf Grund von Vorschlägen des Kreistages
(event. Vervollständigung der Liste durch den Provinzialrat Abs. 3 des
§ 56 KO.) ernannt. Er steht im Ehrenamt, bezieht deshalb weder
Gehalt noch Remuneration, hat aber Anspruch auf Dienstunkosten-
entschädigung. Er ist kein unmittelbarer, sondern mittelbarer Staats-
beamter und darf deshalb auch nicht das Prädikat „Königlich“ führen
(ME. vom 15. Juni 1874, MBl. S. 159). Der Amtsvorsteher wird
von dem Landrate vereidigt. Der Diensteid ist in der durch § 1 der
Verordn. vom 6. Mai 1867 (GS. S. 715) vorgeschriebenen Form zu
leisten, wobei es jedoch einer wiederholten Eidesleistung nicht bedarf.
ME. vom 26. Oktober 1888 (Ml. S. 191).
In denjenigen Amtsbezirken, welche nur aus einer Gemeinde oder