Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

124 3. Buch. Der Rechtsschutz auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts. 
2. daß die tatsächlichen Voraussetzungen nicht vorhanden 
seien, welche die Polizeibehörde zum Erlasse der Verfügung berechtigt 
haben würden. 
Die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen polizeilichen 
Verfügung erstreckt sich auch auf diejenigen Fälle, in welchen bisher 
nach ⅜ 2 des Ges. vom 11. Mai 1842 (GS. S. 192] (Behauptung 
des von der polizeilichen Verfügung Betroffenen, daß er auf Grund 
einer besonderen gesetzlichen Vorschrift oder eines speziellen Rechtstitels 
von der ihm auferlegten Verpflichtung befreit sei) der ordentliche 
Rechtsweg zulässig war. Die Entscheidung ist endgültig, unbeschadet 
aller privatrechtlichen Verhältnisse (§ 127 LVG.). 
§ 33. Die Verwaltungsgerichte und deren Instanzenzug. 
I. Im Verwaltungsstreitverfahren ist der Instanzenzug folgender: 
F Als Verwaltungsgericht erster Instanz fungiert regel- 
mäßig « 
a)inLandkreisenderKreisausschuß,. 
b) in Stadtkreisen der Stadtausschuß. » 
2. Als Verwaltungsgericht zweiter Instanz (Berufungs- 
instanz) dient regelmäßig der Bezirksausschuß, in einzelnen im Gesetz 
näher bezeichneten Streitsachen z. B. Armenangelegenheiten als erste 
Instanz. 
3. Als Verwaltungsgericht dritter Instanz (Revisionsinstanz) 
dient das Oberverwaltungsgericht. Dasselbe ist jedoch gleich- 
zeitig in den Sachen, in welchen der Bezirksausschuß die erste Instanz 
bildet, die zweite Instanz (Berufungsinstanz) und bei anderen besonders 
aufgeführten Verwaltungssachen z. B. auf erhobene Anfechtungsklage 
erste und letzte Instanz. 
Das Oberverwaltungsgericht ist durch das Gesetz, betreffend die Ver- 
fassung der Verwaltungsgerichte vom 3. Juli 1875, 2. August 1880 
(GS. 1880 S. 328) als höchster preußischer Gerichtshof für streitige 
Verwaltungssachen ins Leben gerufen. 
Die sachliche Zuständigkeit dieses Gerichtshofs beruht vornehmlich 
auf den Bestimmungen des Landesverwaltungs= und Zuständigkeits- 
gesetzes. Daneben ist aber noch durch eine Reihe von Spezialgesetzen 
diesem Gerichtshof die Entscheidung in letzter Instanz auf den ver- 
schiedensten Gebieten des öffentlichen Rechts übertragen worden, so daß 
fast in allen Zweigen der Staats= und Kommunalverwaltung die Maß- 
nahmen der Behörden der Rechtskontrolle durch diesen Gerichtshof 
unterworfen sind. Aus der Fülle der verschiedensten Materien sollen 
hier nur die wichtigsten berührt werden; es kommen in Betracht die 
mannigfaltigsten Angelegenheiten der Kommunen und Kommunal= 
verbände, insbesondere Streitigkeiten wegen der Kommunalabgaben, 
Wege= und Schullasten, Angelegenheit der Hilfskassen, Kranken= und 
Unfallversicherung, der Gewerbe-, Bau-, Wege-, Wasser= und Jagd- 
polizei. Der Gerichtshof entscheidet ferner über die Kompetenzkonflikte 
zwischen den Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichten; auf er- 
hobenen Konflikt bei gerichtlichen Verfolgungen wegen Amts= und
	        
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