§ 34. Das Verwaltungsstreitverfahren. 127
Beweiswürdigung. Jedoch muß die Klage bei dem zuständigen Gericht
schriftlich eingereicht werden, nur die Klage beim Kreisausschusse kann
zu Protokoll erklärt werden. Die gegen orts= und kreispolizeiliche
Verfügungen gerichtete Klage soll bei derjenigen Behörde angebracht
werden, gegen deren Verfügung sie gerichtet ist; indessen gilt die Frist
als gewahrt, wenn die Klage bei der zur Entscheidung darüber
zuständigen Behörde angebracht ist (LVG. § 129). In der Klage
ist ein bestimmter Antrag zu stellen, und sind die Person des Beklagten,
der Gegenstand des Anspruchs, sowie die den Antrag begründenden
Tatsachen zu bezeichnen (LVG. § 63). Abweichend vom zivilprozessualen
Verfahren kann die Klage, sofern sich der erhobene Anspruch sofort
als rechtlich unzulässig oder unbegründet herausstellt, ohne weiteres
durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückgewiesen werden.
Scheint der erhobene Anspruch dagegen rechtlich begründet, so kann
dem Beklagten ohne weiteres durch einen mit Gründen versehenen
Bescheid die Klaglosstellung des Klägers aufgegeben werden. Namens
des Kreisausschusses steht auch dem Vorsitzenden desselben, namens
des Bezirksausschusses auch dem Vorsitzenden im Einverständnis mit
den ernannten Mitgliedern der Erlaß eines solchen Bescheides zu.
In dem Bescheide ist den Parteien zu eröffnen, daß sie befugt seien,
innerhalb zwei Wochen vom Tage der Zustellung ab, entweder die
Anberaumung der mündlichen Verhandlung zu beantragen oder das-
jenige Rechtsmittel einzulegen, welches zulässig wäre, wenn der Bescheid
als Entscheidung des Kollegiums ergangen wäre.
Wird mündliche Verhandlung beantragt, so muß dieselbe zunächst
stattfinden. Hat einer der Beteiligten mündliche Verhandlung beantragt,
ein anderer das Rechtsmittel eingelegt, so wird nur dem Antrag auf
mündliche Verhandlung stattgegeben. Wird weder mündliche Ver-
handlung beantragt, noch das Rechtsmittel eingelegt, so gilt der Bescheid
als endgültiges Urteil (LVG. § 64). Ist schon der im vorstehenden
in das Ermessen des Gerichts gestellte Vorbescheid eine dem zivil-
prozessualen Verfahren unbekannte Einrichtung, so zeigt auch der Fort-
gang des Verwaltungsstreitverfahrens selbst bemerkenswerte Abweichungen
von dem zivilprozessualen.
Während im zivilprozessualen Verfahren die Selbstbetriebsmaxime
der Parteien grundsätzlich durchgeführt ist, enthält das Verwaltungs-=
streitverfahren Elemente der Offizial= und Untersuchungsmaxime. Der
Verwaltungsrichter hat von Amts wegen für den Fortgang des Ver-
fahrens Sorge zu tragen. Wird ein Vorbescheid nicht erlassen,
so ist die Klage dem Beklagten seitens des Gerichts mit der Auf-
forderung zuzustellen, seine Gegenerklärung innerhalb einer bestimmten,
S. 161, 170, 183; Jebens, Verwaltungsrechtliche Aufsätze. Berlin 1899, S. 155 ff;
Friedrichs, Die Besonderheiten des preußischen Verwaltungsstreitverfahrens. Ver-
waltungsarchiv 6 S. 358: Schultzenstein, Die neuen deutschen Prozeßgesetze und
das preußische Verwaltungsstreitverfahren im Verwaltungsarchiv 7 S. 263; der-
selbe, Die Parteien im Verwaltungsstreitverfahren im Verwaltungsarchiv 12
S. 112; Tezner, Die deutschen Theorien der Verwaltungsrechtspflege. Berlin 1901.