Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

g 89. Stadtgemeinden. 147 
derselben mit Behörden und Privatpersonen zu verhandeln, den Schrift- 
wechsel zu führen und die Gemeindeurkunden in der Urschrift zu voll- 
ziehen. Die Ausfertigungen der Urkunden werden namens der Stadt- 
gemeinde von dem Bürgermeister oder seinem Stellvertreter gültig 
unterzeichnet; werden in denselben Verpflichtungen der Stadtgemeinde 
übernommen, so muß noch die Unterschrift eines Magistratsmitgliedes 
hinzukommen; in Fällen, wo die Genehmigung der Aussichtsbehörde 
erforderlich ist, muß dieselbe in beglaubigter Form der gedachten Aus- 
fertigung beigefügt werden. 
8. Die städtischen Gemeindeabgaben und Dienste nach den 
Gesetzen und Beschlüssen auf die Verpflichteten zu verteilen und die 
Beitreibung zu bewirken. 
Die Beschlußfähigkeit des Magistrats ist davon abhängig, daß 
mindestens die Hälfte, in Stadtgemeinden, welche mehr als 100 000 
Einwohner haben, mindestens ein Drittel seiner Mitglieder zugegen 
ist. Die Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei 
Stimmengleichheit ist die Stimme des Vorsitzenden entscheidend. Den 
Vorsitz führt der Bürgermeister oder sein Stellvertreter. Der Vorsitzende 
ist verpflichtet, wenn ein Beschluß des Magistrats dessen Befugnisse 
überschreitet, gesetz= oder rechtswidrig ist, das Staatswohl oder das 
Gemeininteresse verletzt, die Ausführung eines solchen Beschlusses zu 
beanstanden. Der Beigeordnete nimmt auch außer dem Falle der 
Stellvertretung an den Verhandlungen und Beschlüssen teil. 
Das Verfahren für die Beanstandung von Magistratsbeschlüssen ist 
verschieden gestaltet, je nachdem es sich um Beschlüsse handelt, welche 
die Befugnisse des Magistrats überschreiten oder die Gesetze verletzen, 
oder um solche Beschlüsse, welche das Staatswohl oder das Gemein- 
interesse verletzen. 
Im ersteren Falle sind gemäß 8§ 15 ZG. die Aussichtsbehörden 
befugt, die Beanstandung herbeizuführen, und es findet alsdann gegen 
die Verfügung des Bürgermeisters Klage im Verwaltungsstreitver- 
fahren binnen 2 Wochen beim Bezirksausschuß, für Berlin beim OVG. 
statt, während in den anderen vorbezeichneten Fällen (Verletzung des 
Staatswohls und des Gemeininteresses) gemäß 3G. 8§ 17 Nr. 1 
die Beschlußfassung des Bezirksausschusses (für die Stadt Berlin des 
Oberpräsidenten) eintritt, falls die Behörden nicht der Ansicht sind, 
daß die Angelegenheit auf sich beruhen bleiben kann. 
Der Bürgermeister leitet und beaufsichtigt den ganzen Geschäftsgang 
der städtischen Verwaltung. In allen Fällen, wo die vorherige 
Beschlußnahme durch den Magistat einen nachteiligen Zeitverlust ver- 
msachen würde, muß der Bürgermeister die dem Magistrat obliegenden 
Geschäfte vorläufig allein besorgen, jedoch dem letzteren in der nächsten 
Sitzung behufs der Bestätigung oder anderweitigen Beschlußnahme 
Bericht erstatten. Zur Erhaltung der nötigen Disziplin steht dem 
Bürgermeister das Recht zu, den Gemeindebeamten, zu denen Magistrats- 
mitglieder nicht gehören, Geldbußen bis zu 9 M. und außerdem den 
umteren Beamten, d. h. Exekutoren, Kastellanen, Boten, Dienern, städtischen 
Polizeibeamten, Arreststrafen bis zu drei Tagen aufzuerlegen (88 15, 
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