Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

152 4. Buch. Die Organe der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen. 
durch Bevollmächtigte, welche selbst stimmfähige Bürger sein müsssen, 
ausüben. Gewählt sind diejenigen, welche bei der ersten Abstimmung 
die meisten Stimmen und zugleich absolute Stimmenmehrheit (mehr als 
die Hälfte der Stimmen) erhalten haben. Wenn sich bei der ersten 
Abstimmung nicht für soviel Personen, als zu wählen sind, die absolute 
Stimmenmehrheit ergeben hat, so wird zu einer zweiten Wahl geschritten. 
Der Wahlvorstand stellt die Namen derjenigen Personen, welche nächst 
den Gewählten die meisten Stimmen erhalten haben, soweit zusammen, 
daß die doppelte Zahl der noch zu wählenden Mitglieder erreicht wird. 
Diese Zusammenstellung gilt alsdann als die Liste der Wählbaren. Zu 
der zweiten Wahl werden die Wähler durch eine, das Ergebnis der 
ersten Wahl angebende Bekanntmachung des Wahlvorstandes sofort 
oder spätestens innerhalb 8 Tagen aufgefordert. Bei der zweiten Wahl 
ist die absolute Stimmenmehrheit nicht erforderlich. Unter denjenigen, 
die eine gleiche Anzahl von Stimmen erhalten haben, gibt das Los 
den Ausschlag. Wer in mehreren Abteilungen oder Wahlbezirken ge- 
wählt ist, hat zu erklären, welche Wahl er annehmen will. 
Gegen die Gültigkeit der Wahlen kann von jedem stimmfähigen 
Bürger innerhalb 2 Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses 
bei dem Gemeindevorstande Einspruch erhoben werden. Bei erheb- 
lichen Unregelmäßigkeiten sind die Wahlen für ungültig zu erklären. 
Die Stadtverordneten beschließen über die Gültigkeit der Wahlen zur 
Gemeindevertretung (ZG. § 10 Abs. 1 Nr. 2). Einsprüche gegen die 
Gültigkeit dieser Wahlen sind innerhalb 2 Wochen nach Bekannt-- 
machung des Wahlergebnisses bei dem Magistrate zu erheben (86. 
§ 10 Abs. 2). Gegen den Beschluß der Stadtverordneten findet binnen 
2 Wochen die Klage bei dem Bezirksausschusse statt (ZG. § 21). Die 
bei der regelmäßigen Ergänzung neu gewählten Stadtverordneten treten 
mit dem Anfang des nächstfolgenden Jahres ihre Verrichtungen an; 
die Ausscheidenden bleiben bis zur Einführung der neugewählten Mit- 
glieder in Tätigkeit. 
Die Zuständigkeit der Versammlung ist 
à) eine beschließende: für alle städtischen Angelegenheiten, so- 
weit sie nicht ausschließlich dem Magistrat überwiesen sind, insbesondere 
die Feststellung des städtischen Haushaltsetats, Verwaltung des Ge- 
meindevermögens und Aufbringung von Gemeindesteuern. Die Beschlüsse 
werden mit Stimmenmehrheit gefaßt, wobei die Beschlußfähigkeit der 
Versammlung nur gegeben ist, wenn mehr als die Hälfte der Mit- 
glieder zugegen ist. Eine Ausnahme hiervon findet statt, wenn die 
Stadtverordneten, zum zweiten Male zur Verhandlung über denselben 
Gegenstand zusammenberufen, dennoch nicht in genügender Anzahl er- 
schienen sind, und auf diese Folge ausdrücklich bei der zweiten Zu- 
sammenberufung hingewiesen worden ist. Bei Stimmengleichheit ent- 
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Stimmenmehrheit wird 
nur nach der Zahl der Stimmenden festgestellt; 
b) eine kontrollierende: für die laufende Verwaltung des 
Magistrats. Die Beschlüsse der Versammlung bedürfen, wenn sie solche 
Angelegenheiten betreffen, welche durch das Gesetz dem Magistrat zur
	        
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