Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

156 4. Buch. Die Organe der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen. 
die Verwaltung der den Gemeinden gehörigen Holzungen. Danach 
amterliegen die Holzungen der Gemeinden, sowohl die zum Kämmerei- 
vermögen, als die zum Gemeindegliedervermögen gehörigen Waldgrund- 
stücke der Oberaufsicht des Staates (§ 1). Die Benutzung und Be- 
wirtschaftung muß sich innerhalb der Grenzen der „Nachhaltigkeit“ be- 
wegen, d. h. die Nutzungen und der Zuwachs des Waldes sollen in gleichem 
Verhältnis stehen, und die Nebennutzungen hinter die Hauptnutzungen 
zurücktreten (HH. Sten. Ber. S. 97). Insbesondere darf die Er- 
haltung der standortsgemäßen Holz= und Betriebsarten nicht durch die 
Nebennutzungen gefährdet werden (§ 2). Der Bewirtschaftung sind 
Betriebspläne zugrunde zu legen, welche der Feststellung durch den 
Regierungspräsidenten bedürfen. Die im Betriebsplan festgesetzte nach- 
haltige Holzabnutzung (Abnutzungssatz) ist für den jährlichen Holz= 
einschlag maßgebend. Nur bei einer ganz geringen Gesamtfläche des 
Waldbesitzes kann von der Aufstellung förmlicher Wirtschaftspläne Ab- 
stand genommen werden (§ 3). Abweichungen von dem festgestellten 
Betriebsplane durch Rodungen, Abtrieb von Holzbeständen, Holz- 
fällungen um mehr als 20 Prozent des Abnutzungssatzes bedürfen der 
Genehmigung des Regierungspräsidenten (§ 4). Der Regierungs- 
präsident kann nach eigenem Ermessen oder auf Antrag des Waldeigen- 
tümers die Betriebspläne der Revision und der erneuten Feststellung 
unterziehen; er kann auch den Zustand und die Bewirtschaftung der 
Waldungen an Ort und Stelle untersuchen lassen. Mindestens alle 
10 Jahre muß eine Revision stattfinden (§ 5). Die Eigentümer der 
Holzungen sind verpflichtet, für den Schutz und die Bewirtschaftung 
derselben durch genügend befähigte Personen ausreichende Fürsorge zu 
treffen (§ 7). Unter Umständen sind die Gemeinden verpflichtet, im 
Interesse der Landeskultur unkultivierte Grundstücke mit Holz anzu- 
bauen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung können die Gemeinden nach 
Anhörung ihrer Vertreter und des Kreisausschusses durch Beschluß des 
Bezirksschusses (LVG. §§ 51, 121, 153) angehalten werden. Gegen 
den Beschluß des Bezirksausschusses findet innerhalb einer Präklusiv- 
frist von 2 Wochen die Beschwerde an den Provinzialrat statt (8 8). 
Bei bedürftigen Gemeinden kann denselben zwecks Aufforstung un- 
kultivierter Grundstücke aus der Staatskasse nach Maßgabe der im 
Staatshaushaltsetat angesetzten Mittel zu diesem Zwecke eine angemessene 
Beihülfe gewährt werden (§ 9). Kommt ein Waldeigentümer den ihm 
im Gesetz auferlegten Verpflichtungen nicht nach, so ist der Regierungs- 
präsident befugt, die zur Erfüllung der Verpflichtung erforderlichen 
Handlungen durch einen dritten ausführen zu lassen, den Betrag der 
Kosten vorläufig zu bestimmen und im Wege der Exekution von dem 
Verpflichteten einzuziehen. Gegen die nach Maßgabe dieses Ges. von 
dem Regierungspräsidenten erlassenen Verfügungen kann binnen zwei 
Wochen Beschwerde an den Oberpräsidenten eingeleitet und gegen den 
Bescheid des Oberpräsidenten Klage beim OVG. erhoben werden. Die 
Klage ist jedoch an dieselben Voraussetzungen geknüpft wie die Klage 
gegen den Endbescheid des Regierungs= bezw. Oberpräsidenten bei polizei- 
lichen Verfügungen (§ 11).
	        
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