Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 44. Die Landgemeinden. 159 
bei den Aufsichtsbehörden sind in allen Instanzen innerhalb 2 Wochen 
anzubringen (§ 7 Z0). 
Unterläßt oder verweigert die Stadtgemeinde, die ihr gesetzlich ob- 
liegenden, von der Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit 
festgestellten Leistungen auf den Haushaltsetat zu bringen oder außer- 
ordentlich zu genehmigen, so verfügt der Regierungspräsident unter 
Anführung der Gründe die Eintragung in den Etat (Zwangs- 
etati sierung) bezw. die Feststellung der außerordentlichen Ausgabe. 
Gegen diese Verfügung steht der Gemeinde die Klage beim OG. zu 
E 19 80). 
8 44. Die Laudgemeinden. 7) 
1. Geschichtliches und Allgemeines. 
Versuche zu einer organischen und einheitlichen Gestaltung des länd- 
lichen Gemeindeverfassungsrechts hängen mit der Vorschrift des Art. 105 
der preuß. Vll. zusammen, welche dahin ging, daß die Vertretung und 
Verwaltung der Gemeinden, Kreise und Provinzen durch besondere 
Gesetze näher bestimmt werden soll. 
Es waltete dabei die Absicht ob, die Verschiedenheit der bis dahin be- 
standenen Gemeindeverfassungen durch eine einheitliche Ordnung zu be- 
seitigen und zwar auf einer der Selbstverwaltung Rechnung tragenden 
Grundlage. 
Die diesen Erfordernissen entsprechende Gemeindeordnung vom 
11. März 1850 (GS. S. 213) gelangte nicht zur Ausführung, sondern 
wurde durch Gesetz vom 24. Mai 1853 (GS. S. 228, 238) wieder 
aufgehoben und damit der vordem vorhandene Zustand wiederherge- 
stellt. Eine neue gesetzliche Regelung erfolgte demnächst durch die 
beiden Gesetze, betr. die ländlichen Ortsobrigkeiten und die Land- 
gemeindeverfassungen in den 6 östlichen Provinzen der preußischen 
Monarchie vom 14. April 1856 (GS. S. 354, 359). Wichtige 
Punkte des Gemeindeverfassungsrechts, z. B. bezüglich der Voraus- 
setzungen des Erwerbes und des Verlustes des Gemeinderechtes, der 
Verpflichtungen der Gemeindeangehörigen und der Gemeindeglieder be- 
züglich des Gemeindeabgabewesens, der Abgrenzung der Befugnisse 
des Gemeindevorstandes und der Gemeindeversammlung, der Verbindung 
nachbarlich belegener Gemeinde= und Gutsbezirke behufs gemeinsamer 
Erfüllung kommunaler Aufgaben blieben ungeregelt. Eine umfassende 
und erschöpfende Kodifikation des Gemeindeverfassungsrechts geschah 
erft durch die Landgemeindeordnung für die 7 östlichen 
Provinzen vom 3. Juli 1891 (GS. S. 233), welche mit einzelnen 
Abänderungen auf Schleswig-Holstein durch Ges. vom 4. Juli 1892, 
auf Hessen-Nassau durch Ges. vom 4. August 1897 ausgedehnt wurde.“) 
1) Literatur: Keil, Die LGO. (Freiburg i. B. u. Leipzig) 1896; Freytag, Die 
LGO. Breslau 1892; Hahn, LG. Berlin 1891; Genzmer, Die LG0. 2. Aufl. 
Berlin 1900; Schön, Recht der Kommunalverbände in Preußen. Leipzig 1897; 
v. Brauchitsch, Preuß. Verwaltungsgesetze. Bd. 8 (16. Aufl.) Berlin 1993 S. 131 ff. 
*) Außerdem gelten für die Rheinprovinz die GO. v. 23. Juli 1845 und 
15. Mai 1856, für Westfalen v. 19. März 1856. Bei den übrigen neu einver- 
leibten Landesteilen gelten die bei ihrer Einverleibung dort vorgefundenen GO. fort.
	        
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