Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

194 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
eine Ziehung zu nehmen und den hierfür bestimmten Betrag (Einsatz) 
zu entrichten; er hat aber gegen Zahlung der entsprechenden weiteren 
Einsätze das Recht auf eine Erneuerung des Loses derselben Serie 
und Nummer in dieser und den folgenden vorgesehenen Klassen. Der 
Fiskus ist hiernach durch einen Vertrag auß Gewährung der betr. 
Losnummern gegen Zahlung der Einsätze verpflichtet, während die 
Erneuerung “—' einen neuen Vertrag darstellt. (Vgl. Dernburg Bf. 
Bd. 2 § 214. 
Der Lrii zwischen dem Fiskus und dem einzelnen Losabnehmer 
kommt zustande durch Leistung des bestimmten Einsatzes gegen Empfang 
des damit bezahlten Loses. Der Abschluß des Spielvertrages wird 
bei der preußischen Klassenlotterie durch Lotteriekollekteure vermittelt. 
Diese Kollekteure, welche Provisionen und Anteile am Gewinn der in 
ihre Kollekte auf die von ihnen vertriebenen Lose gefallenen Gewinne 
erhalten, sind lediglich Agenten, keine Vertreter der Lotterie. Sie 
übernehmen nur den Vertrieb der Lose mit Einzahlungs= und Gewinn- 
auszahlungsmandat. 
Zum Schutze der preußischen Klassenlotterie wurde durch Ges. vom 
29. Juli 1885 das Spielen in auswärtigen Lotterien unter Androhung 
öffentlicher Strafe verboten. Daneben bestand noch die allgemeine 
Strafvorschrift des § 286 des deutschen Strafgesetzbuchs, nach welcher 
derjenige, welcher ohne obrigkeitliche Erlaubnis öffentliche Lotterien ver- 
anstaltet, mit Gefängnis bis zu 2 Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 
3000 M. bestraft wird. Bei Inkrafttreten des BG#B. ist die Frage auf- 
geworfen worden, ob das Ges. vom 29. Juli 1885 nicht durch den § 763 
B#B., welcher bestimmt, daß ein Lotterievertrag oder ein Ausspiel- 
vertrag verbindlich ist, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich 
genehmigt ist, außer Kraft gesetzt ist. 
Die herrschende Meinung (RG. E. in Strafs. 33 S. 196, 395 und 
KG. vom 9. April 1900 in Jahrb. 20 C. 95) hat die Frage dahin 
beantwortet, daß § 763 BG#B. nur die zivilrechtliche Wirksamkeit des 
Lotterievertrages regle und damit der Gültigkeit des preußischen Gesetzes, 
welchem der Charakter eines Verbots= und Strafgesetzes zukomme, und 
welches aus finanzpolitischen Erwägungen entstanden ist, nicht ent- 
gegenstehe. Die Regelung des öffentlichen Rechts und des Landes- 
strafrechts lag auch außerhalb des Rahmens des BG. 
Ein besonderes Verbot des Privathandels mit Staatslotterielosen 
ist durch Ges. vom 18. August 1891 (GS. S. 353) ausgesprochen 
worden, indem mit Strafe bedroht wird, wer ohne staatliche Genehmigung 
gewerbsmäßig Lose oder Losabschnitte der königlich preußischen Staats- 
lotterie oder Urkunden, durch welche Anteile an solchen Losen oder 
Losabschnitten zum Eigentum oder zum Gewinnbezug übertragen werden, 
feilbietet oder veräußert oder zeitweise an einen anderen überläßt, 
und wer ein solches Geschäft als Mittelsperson befördert. Ergänzend 
tritt zu diesem Gesetz noch das preußische Gesetz vom 17. April 1894, 
welches den gewerbsmäßigen Vertrieb von Losen zu Privatlotterien 
und Ausspielungen unter Strafe stellt, sofern es sich dabei um 
geringere als genehmigte Anteile handelt.
	        
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