§ 56. Allgemeines über das heutige direkte Steuersystem rc. 197
1. Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 (GS. S. 175).
2. —8 wo 24. Juni 1891 (GS. S. 205).
3. Kommunalabgabengesetz .
4. Ges. wegen Aufhebung direkter Staatssteuern vom g Juli
5. Ergänzungsteuergesetz (Vermögenssteuerges.) "
Vorstehende Steuergesetzgebung bezweckte eine möglichst gerechte und
gleichmäßige Verteilung der Steuerlast nach Maßgabe der Leistungs-
fähigkeit und zwar in der Richtung einer Entlastung des kapitalarmen
Teiles der Bevölkerung auf Kosten des kapitalkräftigeren. Zu diesem
Zwecke war es in erster Linie erforderlich, einen genauen Überblick
über das fundierte und nicht fundierte Einkommen zu gewinnen, da
gerade ersteres, dessen Bestand durch Grund und Boden, zinstragende
Unternehmungen oder Kapitalien gesichert ist, ein geeigneteres und
ergiebigeres Steuerobjekt bildet, als dasjenige Einkommen, für welches
lediglich die Person und die Arbeitskraft des Steuerpflichtigen als
Unterlage dient. Eine sichere Feststellung der Höhe des vorhandenen
Einkommens und dessen Entstehungsquellen suchte die neue Gesetzgebung
(das Einkommensteuergesetz) durch die sogen. Steuererklärung
(Deklaration) zu erreichen. Deshalb verlangt das Gesetz, daß alle
diejenigen Steuerpflichtigen, welche über 3000 M. jährliches Ein-
kommen besitzen, jedes Jahr die genaue Summe ihres jährlichen Ein-
kommens und zwar gesondert nach vier Entstehungsquellen mit Rück-
sicht auf Kapitalvermögen, Grundbesitz, gewerbliche Tätigkeit und jede
sonstige Art einer gewinnbringenden Beschäftigung selbst aufzurechnen
und der Steuerbehörde anzugeben haben. Die gewissenhafte Erfüllung
dieser staatsbürgerlichen Pflicht wird dadurch zu erreichen gesucht, daß
für eine falsche oder unvollständige Angabe des Einkommens Straf-
vorschriften getroffen sind. Es werden ferner zwecks Vermehrung der
Steuererträgnisse als Steuerträger auch die juristischen Personen, wie
Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Berggewerk-
schaften, eingetragene Genossenschaften u. a. m. zur Besteuerung heran-
ezogen. Weiter wird eine prozentuale Steigerung des Steuersatzes
i großen Einkommen vorgesehen.
Wird einerseits mit vorstehenden Anderungen eine bedeutende Er-
höhung der staatlichen Steuereinkünfte erzielt, so wird anderseits eine
gerechtere Verteilung der Steuerlast, eine Erleichterung des unfundierten
Einkommens gegenüber dem fundierten, eine erhebliche Entlastung der
geringeren und mittleren Einkommen und der kleinen Gewerbetreibenden
erzielt. Auf diese Weise war es möglich, die als Staatssteuer höchst lästig
empfundene Grund= und Gebäudesteuer, sowie die Gewerbe= und
Betriebssteuer außer Hebung zu setzen und den Gemeinden zu über-
weisen, damit dadurch die letzteren in den Stand gesetzt werden, mit
der Zeit völlig von den Zuschlägen zur Staatssteuer abzusehen.
Seit dem 1. April 1895 gibt es in Preußen nur noch drei Arten der
direkten Staatssteuern — abgesehen von der Eisenbahnabgabe — und zwar:
1. die Einkommensteuer,
2. die Vermögenssteuer,
3. die Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen.