212 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
Stempel nicht oder nicht ausreichend versehenen Urkunde, welcher ein
rechtliches Interesse an dem Gegenstande derselben hat.
6. Die Entrichtung des Stempels erfolgt durch Niederschrift der
Erklärung auf Stempelpapier oder durch Entwertung (Kassierung) von
Stempelpapier oder Stempelmarken zu den Urkunden nach Einreichung
der steuerpflichtigen Urkunde durch die dazu befugten Amtsstellen und
Barzahlung der nach dem Gerichtskostengesetz bei den Gerichtskosten
zu vereinnahmenden Abgaben. Sie hat regelmäßig binnen 2 Wochen
nach der Ausstellung zu erfolgen. Zuwiderhandlungen werden mit dem
Vierfachen des hinterzogenen Stempels, mindestens mit 3 M., in
einzelnen besonderen Fällen mit dem Zehnfachen und mindestens 30 M.
bestraft. Eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe
findet nicht statt, ebensowenig eine Zwangsvollstreckung in Grundstücke.
In Beziehung auf die Verpflichtung zur Entrichtung einer Stempel-
abgabe ist der Rechtsweg zulässig. Die Klage ist bei Verlust des
Klagerechts binnen 6 Monaten nach erfolgter Beitreibung oder geleisteter
Zahlung gegen diejenige Provinzialsteuerbehörde zu richten, in deren Ver-
waltungsbezirk die Steuer erfordert worden ist. Wenn es sich um Stempel-
beträge handelt, welche nach den für Gerichtskosten geltenden Vor-
schriften einzuziehen sind, ist die Klage gegen die zur Vertretung des
Fiskus in Angelegenheiten der Justizverwaltung bestimmte Behörde,
d. i. gegen die Oberstaatsanwaltschaft des zuständigen Oberlandes-
gerichtsbezirks (Ges. vom 14. März 1885, GS. S. 65 in Verbindung
mit der allg. Verf. vom 23. März 1885, JIM. Bl. S. 119) zu richten.
Zuständig sind ohne Rücksicht auf den Wert die Landgerichte, deshalb
auch Revision an das Reichsgericht.
Die auf einen Bruchteil des Gegenstandswerts zu bemessende Steuer
verjährt in 10, sonst in 5 Jahren vom Ablauf des Kalenderjahrs der
Entrichtungspflicht. Zahlungsaufforderung, Handlungen der Zwangs-
vollstreckung und Stundung unterbrechen die Verjährung; die neue Ver-
jährung beginnt mit dem Ablauf des betreffenden Kalenderjahres. An-
gaben des Steuerpflichtigen über den Wert des Gegenstandes eines
Geschäfts sind binnen 3 Jahren nach der Beurkundung zulässig.
7. Die Verwaltung des gesamten Stempelwesens wird
unter Leitung des Finanzministers von den Provinzialsteuerbehörden
durch die Stempelsteuerämter, Zoll= und Steuerbehörden geführt. Die
Hauptsteuer= und Hauptzollämter sowie Stempelsteuerämter sind ver-
pflichtet, gegen Erstattung der ihnen an Schreibgebühren und Porto
erwachsenden Kosten den zur Verwendung des Stempels verpflichteten
Personen Auskunft über die Höhe des Stempels zu erteilen.
Die nähere Aufsicht über die gehörige Beobachtung der gesetzlichen
Bestimmungen führen die Vorstände der Stempelsteuerämter. Der
Steuerbetrag bestimmt sich nach dem Tarif zum Stempelsteuer-
gesetz. Die dort normierten Stempelsätze gelten entweder absolut oder
steigen mit Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes.