Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

Anhang. Die Erbschaftssteuer. 215 
hört und in einem Dienstverhältnisse zu demselben gestanden haben, 
sofern der Anfall in Pensionen, Renten oder anderen auf die Lebenszeit 
der Bedachten beschränkten Nutzungen besteht; B. mit 2 Prozent, wenn 
er gelangt a) an adoptierte oder in Folge der Einkindschaft zur Erb- 
schaft berufene Kinder und deren Deszendenten, b) volle und halb- 
bürtige Geschwister und deren Deszendenten; C. mit 4 Prozent, wenn 
er gelangt an à) vorstehend nicht benannte Verwandte bis einschließ- 
lich zum sechsten Grade der Verwandtschaft, b) Stiefkinder und deren 
Deszendenten und Stiefeltern, c) Schwiegerkinder und Schwiegereltern, 
d) natürliche, aber erweislich anerkannte Kinder e) Außerdem sind 
mit 4 Prozent zu versteuern alle Anfälle und Zuwendungen, welche 
ausschließlich zu wohltätigen, gemeinnützigen oder Unterrichtszwecken be- 
stimmt sind, insofern solche nicht einzelne Familien oder bestimmte 
Personen betreffen, und die wirkliche Verwendung zu dem bestimmten 
Zwecke gesichert ist; D. mit 8 Prozent in allen andern Fällen. Der 
Steuersatz von Lehns= und Fideikommißanfällen, ingleichen von 
Hebungen aus Familienstiftungen wird nach dem Verwandtschafts- 
verhältnis zwischen dem letzten Inhaber des Lehns oder Fideikommisses, 
bezw. der Hebungen aus der Familienstiftung und dem Steuerpflichtigen, 
der zu versteuernde Betrag des Anfalls nach Maßgabe des Werts der 
einjährigen Nutzung und des Lebensalters des Erwerbenden bestimmt. 
Die Verwaltung des Erbschaftssteuerwesens wird unter Leitung des 
Finanzministers von den Provinzialsteuerbehörden durch die Erb- 
schaftssteuerämter geführt. Jeder, dem ein steuerpflichtiger An- 
fall zukommt, ist verpflichtet, denselben binnen 3 Monaten, nachdem 
er davon Kenntnis erlangt hat, dem zuständigen Erbschaftssteueramte 
schriftlich anzumelden, ohne Unterschied, ob die Erwerbung des Anfalles 
bereits stattgefunden hat oder nicht. Teilnehmer an einer Erbschaft, 
sowie die zu Hebungen an einer Familienstiftung Berufenen werden 
von der Anmeldungspflicht befreit, wenn die Anmeldung von einem 
Mitberechtigten, oder von dem gesetzlichen Vertreter oder Bevollmächtigten 
der Erbinteressenten, von dem Testamentsexekutor, von dem Nachlaß- 
verwalter oder von dem Verwalter der Familienstiftung rechtzeitig 
geschieht. Der Empfang der Anmeldung ist von dem Erbschaftssteuer- 
amt auf einem vorzulegenden Duplikate kosten= und stempelfrei zu be- 
scheinigen. Innerhalb zweier Monate nach Ablauf der Anmeldefrist 
muß dem Erbschaftssteueramte ein vollständiges und richtiges, zugleich 
die erforderlichen Wertangaben enthaltendes Verzeichnis (Inventarium) 
über die gesamte steuerpflichtige Masse nebst einer schriftlichen Deklaration 
der die Festsetzung der Steuer bedingenden Verhältnisse eingereicht werden. 
Die Verpflichtung hierzu liegt ob: bei Erbschaften dem Testaments- 
exekutor oder Nachlaßverwalter, eventuell dem Erben; — bei Lehns- 
und Fideikommißanfällen, bei Anfällen von Hebungen aus Familien- 
stiftungen, welche infolge Todesfalls auf den nach stiftungsmäßiger 
oder gesetzlicher Sukzessionsordnung Berufenen übergehen, jedem Steuer- 
pflichtigen hinsichtlich des ihm zukommenden Anfalles. Erinnerungen 
des Erbschaftssteueramtes sind unter Vorlegung der zur Einsicht ver- 
langten Urkunden und Beweismittel innerhalb der gestellten Frist zu
	        
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