Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 63. Gemeindesteuern. 227 
dürfen für Rechnung von Kommunen oder Korporationen vom 
1. April 1910 Abgaben auf Getreide, Hülsenfrüchte, Mehl= und andere 
Mühlenfabrikate, desgleichen auf Backwaren, Vieh, Fleisch, Fleisch- 
waren und Fett nicht erhoben werden. 
Die Besteuerung von Lustbarkeiten, einschließlich musikalischer 
und deklamatorischer Vorträge, sowie von Schaustellungen umher- 
ziehender Künstler ist den Gemeinden gestattet (8 15). 
Während früher (z. B. Erl. vom 23. Februar 1889) davon ausge- 
angen wurde, daß grundsätzlich nur die öffentlichen Lustbarkeiten zu 
esteuern seien, vermeidet es § 15 diese Einschränkung zu erwähnen. 
Es soll hierdurch den Gemeinden die Möglichkeit gewährt werden, die 
Besteuerung in ihren Steuerordnungen auf solche Lustbarkeiten aus- 
zudehnen, welche nach ihrer Zugänglichkeit und ihrem Umfange mehr 
oder minder von derselben Bedeutung wie die öffentlichen Lustbarkeiten 
find, es werden hierbei örtliche Verhältnisse mit in Betracht zu ziehen 
sein (Ausf. Anw. 11). 
Gemäß § 16 sind die Gemeinden befugt, das Halten von Hunden 
zu besteuern. Die in dieser Beziehung zurzeit bestehenden gesetzlichen 
Vorschriften sind aufgehoben, diese Aufhebung erstreckt sich jedoch nicht 
auf das bestehende, örtliche, in Steuerordnungen niedergelegte Recht, 
insbesondere auf die vorgesehenen Steuerbefreiungen bezüglich der zur 
Bewachung und zum Gewerbebetrieb unentbehrlichen Hunde. 
Die Einführung neuer und die Veränderung bestehender indirekter 
Gemeindesteuern kann nur durch Steuerordnungen, welche der 
Genehmigung bedürfen, erfolgen (§ 18). Die bestehenden Vorschriften 
über die Verwendung der erzielten indirekten Steuern für bestimmte 
Zwecke (Kosten der Armenpflege usw.) sind nach § 17 aufgehoben. 
B. Direkte Gemeindesteuern. Als allgemeiner Grundsatz für 
die Erhebung der direkten Gemeindesteuern bestimmt § 20, daß diese 
auf alle der Steuer unterworfenen Pflichtigen nach festen und gleich- 
mäßigen Grundsätzen zu verteilen sind. Es soll damit diese Be- 
steuerung eine allgemeine und gleichmäßige sein, welche nur 
Ausnahmen zuläßt, welche das Gesetz selbst anordnet. Nur bei Veran- 
staltungen (Anstalten, Anlagen, Einrichtungen), welche in besonders her- 
vorragendem oder geringem Maße einem Teile des Gemeindebezirks oder 
einer Klasse von Gemeindeangehörigen zustatten kommen, werden Bei- 
träge (§§ 9, 10) nicht erhoben, und kann die Gemeinde eine entsprechende 
Mehr= und Minderbelastung dieses Teils des Gemeindebezirks oder 
dieser Klasse von Gemeindeangehörigen beschließen. Der Beschluß be- 
darf der Genehmigung. Bei der Abmessung der Mehr= oder Minder- 
belastung ist namentlich der zur Herstellung und Unterhaltung der Ver- 
anstaltungen erforderliche Bedarf nach Abzug des etwaigen Ertrages 
in Betracht zu ziehen (Ausf. Anw. Art. 13). 
Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Befreiungen einzelner 
Grundstücke bleiben in ihrem bisherigen Umfange fortbestehen. Als 
solche besonderen Rechtstitel kommen in Betracht privatrechtliche (Ver- 
trag, Verleihung, befreiende Verjährung) oder öffentlichrechtliche 
(Rezesse, Abgabenverteilungspläne; Auseinandersetzungen bei Kommunal= 
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