§ 64. Grund-, Gebäude= und Gewerbesteuer. 237
Grunds.). Von der Befreiung von der Gebäudesteuer gilt auch hier
8 24 KAG.
Die Steuer ist eine Quotitätssteuer und wird nach dem Brutto-
nutzungswerte (ohne Abzug der Unterhaltskosten, Mietsausfälle,
Hypothekenzinsen) berechnet, und zwar mit 2 Prozent für Gebäude,
welche ausschließlich oder vorzugsweise zum Gewerbebetriebe dienen,
für die anderen mit 4 Prozent (§8 5 ff. Geb. St G. und §§ 22 ff.
der Veranl. Grunds.). Der Nutzungswert wird ermittelt in Städten
und Ortschaften, bei denen entsprechende Vermietungen vorkommen,
nach dem mittleren durchschnittlichen Mietswerte der letzten 10 Jahre,
sonst nach Klasseneinteilung der Gebäude nach ihrer Größe, Bauart
und Beschaffenheit in Verbindung mit den Gesamtverhältnissen der
zugehörigen ländlichen Besitzungen und nutzbaren Grundstücke (88 78
Geb. St G.). Die Einschätzung erfolgt durch Veranlagungs-
kommissionen, die von den Kreistagen gewählt werden und unter
dem Vorsitz staatlicher Ausführungskommissare tagen (Geb. StG.
§8 9—13). Die Gebäudesteuer wird alle 15 Jahre einer allgemeinen
Revision unterzogen (§ 20 Geb. StG.). Die erste Festsetzung galt
vom 1. Januar 1865 ab, die Ergebnisse der letzten sind von 1895.
Reklamationen gegen die Veranlagung sind binnen 4 Wochen bei
dem von der Königlichen Regierung bestellten Ausführungskommissar
der Veranlagungskommission anzubringen. Es entscheidet darüber die
Regierung, gegen deren Entscheidung ist binnen 6 Wochen der Rekurs
an den Finanzminister zulässig (§ 10 Geb. StE., § 4 Aufh. G.).
Nachlaß der Steuer tritt ein, wenn ein Gebäude durch Unglücksfälle
bis zu einem Drittel des jährlichen Nutzungswertes zerstört worden
ist, sie fällt ganz fort, wenn das Gebäude während des ganzen Jahres
unbenutzt geblieben ist (§ 19 Geb. StG.). Einwendungen gegen die
jährlichen, beim Wechsel des Etatsjahres auszulegenden Heberollen
sind binnen 3 Monaten danach bei dem Katasterkontrolleur anzubringen
(§ 18 Min. Anw.).
c) Gewerbesteuer.1) Die Gewerbesteuer ist eine auf den selb-
ständigen Gewerbebetrieb gelegte Ertragssteuer, welche von den Gewerbe-
treibenden erhoben wird.
Maßgebend ist für die Steuer vom stehenden Gewerbe das
Gewerbesteuergesetz vom 24. Juni 1891 (GS. S. 205).
Gegenstand der Besteuerung sind die in Preußen betriebenen stehen-
den Gewerbe, selbst wenn sie außerhalb Preußens ihren Sitz haben,
aber in Preußen durch Errichtung einer Zweigniederlassung, einer
Fabrikations-, Ein= oder Verkaufsstätte oder sonst Betriebe unterhalten
(§ 1f.). Auf die Art des Betriebes nimmt die Gewerbesteuer keine
Rücksicht. Befreit sind von der Steuerpflicht: die ausschließlich oder
hauptsächlich gemeinnützigen öffentlichen Anstalten, Land= und Forst-
wirtschaft, Viehzucht, Jagd, Fischzucht, Obst= und Weinbau einschließ-
lich Molkerei und ähnliche Genossenschaften zur Verarbeitung und
1) B. Fuisting, Die preußischen Gesetze über die direkten Steuern Bd. 3, 3. Aufl.
(Carl Heymanns Verlag, Berlin).