§ 66. 1. Begriff. Polizeigewalt. Grenzen derselben 2c. 245
sichtspunkten aus tätig werden und eingreifen, so z. B. als Gesund-
heits-, Sitten-, Gewerbe-, Baupolizei, Gesindepolizei usw. Oftmals
werden allerdings die polizeilichen Funktionen von Spezialbehörden
wahrgenommen, wie beispielsweise auf Grund der §§ 23, 24, 46 des
Ges. vom 3. November 1838 (GS. S. 505) die Eisenbahnpolikei von
den Eisenbahnbehörden, die Bergpolizei von den Bergbehörden auf
Grund des § 196 des Allgem. Berggesetzes vom 24. Juni 1865
(GS. S. 705), Forstpolizei von den Forstbeamten (8 62 f. Feld= und
Forstpolizeiges. vom 1. April 1880, GS. S. 230); Deichschutzpolizei
(§5 24—26f. Deichges. vom 28. Januar 1848, GS. S. 54);
Strom--, Schiffahrts= und Hafenpolizei (LVG. 8§§ 136, 138, 145);
(KO.#59 ZG. 895) Chausseepolizei; Fischereipolizei (§ 46 f. Fischereiges.
vom 30. Mai 1874, GS. S. 197).
Im eigentlichen Sinne werden daher als Polizeibehörden
nur die Behörden der allgemeinen Landesverwaltung, insbesondere der
inneren Verwaltung bezeichnet, welche nur diejenigen polizeilichen Be-
fugnisse auszuüben haben, welche nicht Spezialbehörden übertragen sind.
Die polizeilichen Befugnisse der eigentlichen Polizeibehörden werden
nach der berühmten Bestimmung des § 10 preuß. ALR. II 17 dahin
bestimmt: „Die nötigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe,
Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publikum oder
einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahren zu treffen, ist
das Amt der Polizei“. Unter den nötigen Anstalten im Sinne des
§ 10 II 17 ALR. sind auch die für den Einzelfall ohne die Unter-
lage einer polizeilichen Bestimmung erlassenen Verfügungen und An-
ordnungen zu verstehen (OVG. E. vom 19. September 1883,
PVl. V. 15). In der Regel darf zum Gegenstande einer polizei-
lichen Verfügung alles dasjenige gemacht werden, was Gegenstand
einer Polizeiverordnung sein kann (OVG. Bd. 11 S. 369). Der
polizeiliche Schutz tritt ohne Rücksicht auf den Willen, die Zustimmung
und Annahme derjenigen, welchen er gewährt werden soll, ein (OVGG.
Bd. 12 S. 393).
In § 10, II, 17 ALR. ist die noch heute gültige Grundlage für
den Umfang und Inhalt der Polizeigewalt enthalten; nach § 10
richtet sich das aktuelle Recht und die positive Norm für den gegen-
ständlichen Umfang der Polizeigewalt (OVG. Bd. 11 S. 368, Bd. 39
S. 390). 8 10 ALR. II, 17 ist durch das BG#B. nicht berührt
worden, es gilt nicht nur als eine Vorschrift, welche nur für das
Landrechtsgebiet Geltung hat, sondern charakterisiert sich als allgemeines
preußisches Landesrecht (OVG. Bd. 7 S. 391, Bd. 15 S. 434;
v. Kamptz, Bd. 4 S. 776, S. 968 und S. 128).
Hiernach bestimmt sich auch das Verhältnis des § 10 l. c. zu § 6
à—i. des Ges. vom 11. März 1850 (GS. S. 265) über die Polizei-
verwaltung, welches im einzelnen die polizeilichen Aufgaben und Befug-
nisse, insbesondere das polizeiliche Verordnungsrecht regelt. Nach der
Rechtsprechung des preuß. Oberverwaltungsgerichts (E. Bd. 13 S. 295)
halten sich die Bestimmungen des § 6 Ges. vom 11. März 1850
völlig in den Grenzen der landrechtlichen Schranken und bezeichnen