Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

260 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Nachweis bei der Polizeiverordnung nicht erforderlich ist (OV#G. Bd. 13 
S. 388 in v. Kamptz Bd. 4 S. 426). Jede Polizeiverfügung hat 
drei Bestandteile, die Anordnung selbst, die Androhung des Zwangs- 
mittels im Falle des Zuwiderhandelns und die Festsetzung des Zwangs- 
mittels. Anordnung und Androhung können miteinander verbunden 
werden. Die polizeiliche Anordnung erfolgt in der Regel durch eine 
schriftliche Verfügung, welche den durch die Anordnung betroffenen 
Personen mitgeteilt wird. Die Mitteilung kann mündlich, schriftlich, 
durch öffentliche Bekanntmachung oder bloße Zeichen oder tatsächliches 
Eingreifen (z. B. Herstellen einer Entwässerung) geschehen. Eine 
Form, in welcher polizeiliche Verfücungen erlassen werden sollen, ist 
nicht vorgeschrieben. Stellt die Polizeibehörde durch eigenes Handeln, 
sei es selbst, sei es durch ihre Odrgane den von ihr gewollten Zustand 
her, ohne vorher den Verpflichteten zu entsprechendem Handeln auf- 
gefordert zu haben, so ist die Polizeibehörde hierzu nach § 132 Nr. 3 
LVG. nur ausnahmsweise und dann befugt, wenn die beabsichtigte 
Anordnung ohne ein solches Einschreiten nicht ausführbar ist. Die 
polizeiliche Verfügung bedarf weder einer Rechtfertigung noch einer 
Belehrung über etwaige Rechtsmittel. Jedoch bedarf die polizeiliche 
Verfügung einer derartigen Begründung, daß von dem davon Betroffenen 
ersehen werden kann, auf welcher Grundlage er durch das ihm zustehende 
Rechtsmittel die Verfügung anzugreifen vermag. Ferner muß die 
Verfügung klar und deutlich Art, Beschaffenheit, Umfang der verlangten 
Leistung oder Unterlassung enthalten. Es darf nichts Unmögliches ver- 
langt werden. Für die Frage, ob eine Verfügung als eine polizei- 
liche anzusehen ist, kommt vorzugsweise in Betracht, ob die Verfügung 
in ihrer äußeren Form sich als eine polizeiliche Verfügung darstellt, 
und ob die Polizeibehörde die Absicht hatte, die Verfügung in Aus- 
übung ihrer Polizeigewalt zu erlassen (vgl. OVG. E. Bd. 4 S. 393 
in v. Kamptz Bd. 4 S. 867; E. Bd. 41 S. 390). 
Zur Zurücknahme, Wiederholung und Neuerlaß einer polizeilichen 
Verfügung ist die Polizeibehörde jederzeit befugt. 
Über die Rechtsmittel gegen polizeiliche Verfügungen im Ver- 
waltungsstreitverfahren und den eventl. Zivilrechtsweg vgl. § 36 
dieses Buches. " 
Begriff und Quelle des Polizeiverordnungsrechts.) 
Das Polizeiverordnungsrecht enthält die den Behörden übertragene 
Befugnis, gewisse polizeiliche Vorschriften mit zwingender Kraft für 
die ihren Bezirken angehörigen Staatsbürger zu erlassen. Es handelt 
sich dabei um dauernde Regelung von Gegenständen polizeilicher Für- 
sorge, die eine Gesamtheit unbestimmter Personen angehen. 
Als Unterlage für die Polizeiverordnung muß eine Rechtsnorm 
dienen, welche entweder auf Gesetz oder anderer Rechtsquelle, zu der 
auch Gewohnheitsrecht gehört, beruht (ogl. Rosin a. a. O. S. 176 
und S. 177 und § 15 des Ges. über die Polizeiverwaltung vom 
11. März 1850). 
1) Rosin, Das Polizeiverordnungsrecht in Preußen. 2. Aufl. 1895.
	        
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