274 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
her tadellos und vorwurfsfrei geführt habe. (8 8 der Verordn. vom
29. September 1846). Ist in dem alten Gesindedienstbuch kein
Platz mehr für Eintragungen, so kann das Gesinde verlangen, daß
das bisherige Gesindedienstbuch dem neuen vorgeheftet werde (§ 9 der
zit. Verordn.).
Bei Streitigkeiten während des bestehenden Dienstverhältnisses zwischen
Dienstzerrschnlt und Gesinde steht der Polizei in folgenden Fällen
gine Vermittlungs-, vorentscheidende und eventl. entscheidende Tätig-
eit zu:
a) Weigert sich die Herrschaft, das Gesinde nach Abschluß des Ver-
trages in den Dienst zu nehmen, so hat das Gesinde nach den Vorschriften
der §§ 160 ff. die polizeiliche Vermittlung nachzusuchen. Ist die
polizeiliche Vermittlung erfolglos, so hat die Polizei auf Verlangen
hierüber eine Bescheinigung auszustellen. Diese Bescheinigung ist die
Voraussetzung des weiter im Wege des Zivilprozesses von dem Gesinde
zu verfolgenden Entschädigungsanspruchs (nur diesen hat das Gesinde,
nicht etwa eine Klage auf Annahme in den Dienst) vor den ordent-
lichen Gerichten. «
b) Weigert sich das Gesinde, den Dienst anzutreten, so kann die
Dienstherrschaft bei der Polizei die Anwendung von Zwangsmitteln
beantragen. Vor Anwendung der Zwangsmittel hat die Polizei zu
prüfen, ob der Dienstvertrag zu Recht besteht, insbesondere ob dem
minderjährigen Dienstboten die erforderliche Zustimmung seines gesetz-
lichen Vertreters erteilt und ob das etwaige frühere Dienstverhältnis
endgültig gelöst ist. (OVG. E. Bd. 21 S. 417.)
Als Zwangemittel der Polizeibehörde kommen nach § 132 LVG.
in Betracht: Einziehung eines Geldbetrages von dem Dienstboten
behufs Verrichtung des Dienstes durch einen Stellvertreter, oder, sofern
das nicht tunlich ist, Androhung, Festsetzung und Vollstreckung einer
Geldstrafe, im Unvermögensfalle einer Haftstrafe, oder schließlich zwangs-
weise Zuführung des Gesindes zur Herrschaft. Abweichend von § 167
können die Zwangsmittel bei Verweigerung des Dienstantritts
nur einmal angewendet werden. (Johow Bd. 10 S. 225 Nr. 81.)
Gegen die Anordnungen der Ortspolizeibehörde hat das Gesinde außer
den ihm in den §§ 127 ff., 133 LVG. gegebenen Rechtsmitteln die
vor den ordentlichen Gerichten zu erhebende Klage auf Feststellung der
Ungültigkeit des abgeschlossenen Dienstvertrages.
Abgesehen von dem Anspruch der Herrschaft auf Anwendung der
polizeilichen Zwangsmittel hat die Herrschaft das Recht, von dem
Vertrage abzugehen und das Mietsgeld zurückzufordern (§§ 49, 50).
Einen vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgenden Entschädigungs-
anspruch kann die Herrschaft nur geltend machen, wenn sie durch eine
polizeiliche Bescheinigung den Nachweis führen kann, daß die Zwangs-
maßregeln erfolglos waren oder vergeblich nachgesucht sind. Der
Entschädigungsanspruch der Dienstherrschaft umfaßt den ihr durch
das Ausbleiben des Dienstboten erwachsenen Schaden, indem sie z. B.
eine andere, teuerere Kraft zum Ersatz engagieren mußte. Wegen der
Entschädigung, zu welcher ein Dienstbote verpflichtet ist, kann sich die