§ 72. Gesundheitspolizei. 293
Verrichtungen ausschließlich in dem öffentlichen Schlachthause vor-
genommen werden müssen (Ges. vom 29. Mai 1902 GS. S. 1629.
Das Impfwesen ist von Reichs wegen geregelt. Vgl. mein
Handbuch Bd. 1 § 123 S. 374.
Der Handel mit Giften ist in der Gewerbeordnung gesetzlich
geordnet. Vgl. mein Handbuch Bd. 1 § 76 S. 196 ff..
Die Beförderung von Leichen ist, um einer etwaigen Ansteckungs-
gefahr vorzubeugen, nur auf Grund von Leichenpässen gestattet, deren
Ausstellung der Regel nach durch die Landräte erfolgt (ALR. II, 11
§5 63, 64 und AKO. vom 9. Juni 1833 GS. S. 73] und vom
16. Mai 1857). Vor der Beerdigung muß die Eintragung des Sterbe-
falles in das standesamtliche Register erfolgt sein (RG. vom 6. Februar
1875 § 60). Auch soll nicht ohne Vorwissen der Polizeibehörde nach
vorgängiger Untersuchung durch den Arzt oder die Ortsbehörde und
in der Regel erst 3 Tage nach dem Ableben die Beerdigung stattfinden.
(Reskr. vom 2. März 1827), bei unnatürlichen Todesursachen nur mit
schristlicher Genehmigung der Staatsanwaltschaft oder des Amtsrichters
(§ 157 Abs. 2 StePO.).
In einzelnen größeren Gemeinden ist eine regelmäßige Leichenschau
polizeilich eingeführt. In Kirchen und bewohnten Gegenden der Städte
sollen schon nach preußischem Landrecht (II, 11 § 184) keine Leichen
beerdigt werden. Ohne Anzeige bei den geistlichen Oberen sollen
Leichen anderswo, als auf einem öffentlichen Kirchhofe nicht beerdigt
werden. (II, 11 § 186). Die allgemeinen Begräbnisstätten sind die
Kirchhöfe. Sie sind in der Regel Eigentum der Kirchengemeinde
(§ 183, II, 11), und sind von dieser zu unterhalten (§ 761, II. ALR.).
Dem Patron liegt keine Unterhaltspflicht ob. Niemandem soll das
ehrliche Begräbnis auf dem öffentlichen Kirchhofe versagt werden
(§ 188, II, 11), auch die im Staate aufgenommenen Kirchengesellschaften
der verschiedenen Religionsparteien dürfen einander wechselweise in
Ermangelung eigener Kirchhöfe das Begräbnis nicht versagen (§ 189).
Die Anlegung neuer Begräbnisplätze — die Entfernung von Ortschaften
soll 188,31 m (50 Ruthen) sein — soll nur aus erheblichen Ursachen
und unter Einwilligung der Ortspolizei und des Regierungspräsidenten
stattfinden (§§ 764, 765 II, 11 ALR., V. vom 30. Januar 1893
(GS. S. 10) Art. 1 Nr. 2 (für die ev. Kirche], Ges. vom 20. Juni.
1875 (GS. S. 241) § 505 und V. v. 30. Januar 1893 /GS. S. 13.).
Auch zur Schließung und veränderten Benutzung der Begräbnisplätze
bedarf es der Genehmigung des Regierungspräsidenten (Ges. vom
3. Juni 1876 Art. 24). Die Herbeiführung der Genehmigung erfolgt
durch Vermittlung des Konsistoriums (Verw.-Ordn. vom 17. Juni
1893 § 30). Ein Verkauf des Landes soll erst 40 Jahre nach
Schließung stattfinden. Ausnahmen sowohl für kirchliche als auch
für kommunale Begräbnisplätze bedürfen der Genehmigung des Re-
gierungspräsidenten (Erl. vom 17. April 1893, MMl. S. 127, KO.
vom 18. Januar 1830). Die Entscheidung über die Zulässigkeit der
Anlegung nicht kirchlicher Begräbnisplätze im Gebiet des ALR. gehört
zur Zuständigkeit der Ortspolizeibehörde, die sich der Zustimmung des