312 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
kirchenrat, in katholischen Gemeinden durch den Kirchenvorstand, die
aus dem Schulverbande entspringenden Lasten durch den Schulvor-
stand, die aus dem Gemeindeverbande entspringenden Lasten durch den
Gemeindevorsteher verteilt. Zu diesem Zwecke erhalten die zur Ver-
teilung berufenen Organe durch Vermittelung des Landrats bezw. des
Gemeindevorstandes in Stadtkreisen eine Abschrift des bestätigten
Rentenverteilungsplanes und, falls ein solcher nicht aufzustellen war,
einen Auszug aus den Grundsteuerfortschreibungsprotokollen nebst den
erforderlichen Angaben hinsichtlich der Gebäudesteuer. Die in urkund-
licher Form festzusetzende Verteilung ist den Beteiligten, und wenn
Patronatslasten zur Verteilung kommen, auch der Patronatsaufsichts-
behörde bekannt zu machen. Innerhalb zwei Wochen nach der Be-
kanntmachung steht den Beteiligten und den Patronatsaufsichtsbehörden
die Klage offen. Zuständig ist in Landkreisen der Kreisausschuß, in
Stadtkreisen der Bezirksausschuß. Streitigkeiten über die Existenz,
den Umfang oder die rechtliche Natur der zu verteilenden Abgaben
verbleiben der richterlichen Entscheidung. (Dazu vergl. §§ 18, 34,
44 und 46 ZG. lEntscheidungen im Verwaltungsstreitverfahren?)).
Kann die Verteilung vorher nicht bewirkt werden, so ist hinsichtlich
der Renten die bestätigende Behörde, sonst der Kreis= bezw. Bezirks-
ausschuß befugt, über die Verteilung eine vorläufige Festsetzung zu
treffen, welche ebenso wie die endgültige Verteilung im Verwaltungs-
wege vollstreckbar ist. — Einer Verteilung der Kirchen-, Pfarr-, Schul-
und Gemeindelasten bedarf es nicht, wenn dieselben auf Gebäuden,
Bauplätzen, Hofstellen oder Gärten innerhalb einer Stadt oder Vor-
stadt ruhen, oder wenn sie von dem Besitzer eines jeden Grundstücks
ohne Rücksicht auf dessen Beschaffenheit oder Größe oder nach Ver-
hältnis der Staatssteuern aufzubringen sind, oder wenn im Falle der
Vertauschung von Grundstücksteilen deren Eigentümer unter Zustimmung
der Abgabeberechtigten und der obengenannten Vorstände in die wechsel-
seitige Lastenübertragung auf die Tauschstücke willigen. (Ges. vom
25. August 1876 §§ 1—12.)
8 80. Schutzmaßregeln zur Erhaltung des Besitzstandes
der landwirtschafttreibenden Bevölkerung.
Während die Ablösungs= und Regulierungsgesetzgebung eine Be-
freiung der Landwirtschaft und des ländlichen Grundbesitzes von allen
beengenden Fesseln erstrebte, ist in neuester Zeit vielfach das Bestreben
hervorgetreten, die ländliche Bevölkerung in ihrem Besitze zu erhalten
und die Neuansiedlung mittlerer und kleinerer, arbeitskräftiger, nicht
unbemittelter Leute und damit deren Seßhaftigkeit zu befördern.
Diesem Zwecke dienen bisher das Höferecht, Rentengüter= und Anerben=
recht. Die von vielen Seiten zu demselben Zwecke angeregte Heim-
gütengesetgebung hat bisher in Deutschland noch keinen Eingang
gefunden.
Durch das Höferecht wird auf dem Gebiete des Erbrechts die letzt-
willige Verfügung zugunsten eines einzelnen Erben erleichtert.
Durch das Anerbenrecht wird unbeschadet der freien Verfügung