Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 80. Schutzmaßregeln zur Erhaltung des Besitzstandes 2c. 313 
von Todes wegen ein besonderes, gesetzliches Erbrecht für Ansiedlungs-= 
und Rentengüter geschaffen zugunsten der Deszendenten und Geschwister 
des Erblassers sowie deren Nachkommen. 
Durch die Rentengüter wird der Erwerb und damit die Neubildung 
kleinerer Besitzungen durch erleichterte Zahlungsbedingungen hinsichtlich 
des Erwerbspreises und staatliche Vermittlung gefördert. 
1. Das Höferecht. Um ein Landgut im Falle des Erbganges 
in seinem Bestande zu erhalten und vor Zerstückelung zu bewahren, 
kann der Besitzer des Gutes die Eintragung in die bei dem Amts- 
gerichte geführte Höferolle (Landgüterrolle) beantragen, was zur Folge 
hat, daß im Falle der Eigentümer von mehreren Personen beerbt 
wird, in Ermangelung einer entgegenstehenden letztwilligen Verfügung, 
ein miterbender Nachkomme, der Anerbe, berechtigt ist, bei der Erb- 
teilung das Landgut nebst Zubehör zu einem angemessenen Betrage 
zu Übernehmen und die Miterben abzufinden. Der Antrag auf Ein- 
tragung in die Höferolle oder Landgüterrolle kann bezüglich der 
einem Auseinandersetzungsverfahren unterliegenden Grundstücke auch 
bei der Generalkommission oder deren Kommissar gestellt werden. 
Hält die Generalkommission den Antrag für begründet, so ersucht sie 
das Amtsgericht um Eintragung in die Rolle (88 1, 2 des Ges. vom 
11. Juli 1891 GS. S. 303). Vorstehendes Höferecht galt vornehm- 
lich in Westfalen, Hannover und Lauenburg. Von dort wurde es 
auch in den anderen Provinzen mit dem Erlaß der Landgüterordnungen 
(für Brandenburg Landgüterordnung vom 10. Juli 1883 (G S. S. 1111 
und Verf. vom 6. August 1883 [JIMBl. S. 280]; für Schlesien 
Landgüterordnung vom 24. April 1884 ([GS. S. 121] und Verf. 
vom 15. Mai 1884 IJIMBl. S. 58 für Schleswig-Holstein Land- 
güterordnung vom 2. April 1886 (GS. S. 117] und Verf. vom 
10. Mai 1886 IIM -l. S. 110]; Landgüterordnung für Reg.-Bez. 
Kassel vom 1. Juli 1887 /GSS. S. 315] und Verf. vom 18. August 
1887 [JWMBl. S. 198)) nach Maßgabe der partikularrechtlichen Vor- 
schriften über die Erfolge, auch wenn der Eigentümer letztwillig nicht 
verfügt hat, zur Einführung gebracht. 
2. Die Rentengüter. Die ersten umfassenden Versuche zur Ein- 
führung von Rentengütern seitens der preußischen Staatsregierung 
erfolgten, um zur Stärkung des deutschen Elements in den Provinzen 
Westpreußen und Posen gegen polonisierende Bestrebungen durch An- 
siedlungen deutscher Bauern und Arbeiter, einen seßhaften Stamm 
deutscher Grundbesitzer zu schaffen, mithin aus nationalen und politischen 
Gesichtspunkten durch das Gesetz, betreffend die Beförderung deutscher 
Anfiedlungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, vom 26. April 
1886 (GS. S. 131). Nach diesem Gesetz wurde der Staatsregierung, 
welche hierfür ein besonderes Organ, die Königliche Ansiedlungs- 
kommission in Posen, direkt dem Staatsministerium unterstellt, schuf, 
damals ein Fonds von 100 Millionen Mark, welcher durch spätere 
Gesetze vom 20. April 1898 und 1. Juli 1902 (GS. S. 234) auf 
insgesamt 350 Millionen Mark erhöht wurde, zu dem erwähnten 
Zwecke zur Verfügung gestellt, um
	        
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