Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

326 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
die diesbezüglichen Vorschriften der 8§ 52—54 II 4 zu berücksichtigen 
sind. Der erforderliche Reinertrag muß zur Zeit der Stiftung und der 
Verlautbarung vorhanden sein. Es unterliegt ferner der Prüfung des 
Fideikommißrichters, ob die Stiftung ihrer gesetzlichen Bestimmung 
entsprechend der Familie des Stifters dienen kann; die Stiftung 
soll nicht zum Vorteil einer fremden und zum Nachteil der eigenen 
Familie zugelassen werden, auch pflichtteilsberechtigte Angehörige 
sollen nicht um ihren Pflichtteil gebracht oder gar hilflos gelossen werden 
(ogl. § 53 II 4). Namentlich bei Stiftungen im Wege letztwilliger 
Verfügung und auch bei Versügung unter Lebenden kommt dies in 
Betracht. Zu diesem Zwecke kann die Klarlegung des neben dem 
Fideikommiß übrigbleibenden Allodialvermögens verlangt und die 
Bestätigung bis zur anderweiten Fürsorge für die Pflichtteilsberechtigten 
und hilflosen Angehörigen im Wege der Ergänzung der Stiftungs- 
urkunde versagt werden. Letzteres erübrigt sich bei der Stiftung des 
Fideikommisses durch Vertrag, wenn er mit den nächsten Angehörigen 
geschlossen ist. 
2. Eintragung des Familienfideikommisses ins Grund- 
buch. Maßgebend hierfür sind jetzt die Art. 16—18 des preußischen 
AG. z. GBO. vom 26. September 1899 (GS. S. 307). 
Die Eintragung der Fideikommißeigenschaft erfolgt bei Familien= 
fideikommissen, die unter Aussicht einer Fideikommißbehörde stehen, auf 
Ersuchen dieser Behörde und zwar die Eintragung des Fideikommiß= 
folgers auf Grund einer Bescheinigung der Behörde über seine Be- 
rechtigung. Als Fideikommißbehörde fungiert hierbei die Behörde, 
welche gesetzlich als solche bestellt ist, oder welcher das Fideikommiß 
stistungsmäßig zur Aussicht unterstellt ist, wobei nach Art. 17 Abs. 2 
AG. z. GBO. fortan stiftungsmäßig ein Fideikommiß nur dem Ober- 
landesgericht zur Beaussichtigung unterstellt werden kann. Die 
Bestimmung bedarf der Genehmigung des Justizministers, sofern nicht 
die Verfügung, durch die sie getroffen wird, der landesherrlichen 
Genehmigung unterliegt. Nicht ausgeschlossen ist damit, daß neben 
dem Oberlandesgericht die Beaussichtigung z. B. des Wirtschaftsbetriebes 
einer anderen Behörde, etwa einer Landschaftsdirektion, übertragen 
wird. (Motive S. 19.) Für die früher vor 1. Januar 1900 
errichteten Fideikommisse ist die Zuständigkeit der bestehenden Fidei- 
kommißbehörden unverändert geblieben. Beseitigt ist nur die Vorschrift 
des Rhein. Ges. vom 12. April 1888 § 33 Abs. 2 Satz 1, wonach 
die Eintragung der Fideikommißeigenschaft auf Ersuchen des Ober- 
staatsanwalts erfolgte (Motive 16). Im allgemeinen ist jetzt als 
Fideikommißbehörde bestimmt im Geltungsbereiche des ALR. das 
Oberlandesgericht, in dessen Bezirk der Stifter bei Errichtung des 
Fideikommisses seinen Wohnsitz hatte (Ges. vom 5. März 1888; § 49 
AG. z. GG. JIMV. vom 24. Juli 1867 und 18. Juli 1889 bei 
Gruchot 33 S. 850). In Neuvorxommern und Rügen ist das Ober- 
landesgericht in Stettin zuständig für die Mitwirkung bei Familien- 
schlüssen und bei der Verschuldung von Fideikommißgütern, über 
Beschwerden in diesen Angelegenheiten entscheidet der Justizminister
	        
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