Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

332 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
folge gelangen soll, alsdann geht die Regredienterbin der Erbtochter 
vor (Bolze 4 13 Nr. 277 und 16 Nr. 546). 
Sind bei dem Ableben des letzten, von dem ersten Stifter her- 
stammenden, männlichen Abkömmlings keine Täöchter und keine zur 
Sukzession fähigen Deszendenten derselben vorhanden, oder sterben 
seine hinterlassenen Töchter insgesamt oder stirbt dergleichen sukzessions- 
fähige Nachkommenschaft, so geht nach A#b#. II 4 § 191 das Fidei- 
kommiß auf die anderen, von dem ersten Stifter durch Weiber ab- 
stammenden männlichen Deszendenten über. Es geht nach § 201 h. t. 
die ältere, dem Fideikommißstifter nähere Linie vor, nicht die dem 
letzten Fideikommißbesitzer vom Mannesstamme nähere Linie 
(Bolze Nr. 909). 
§ 85. Von der Anseinandersetzung zwischen dem Fidei- 
kommißfolger und den Erben des letzten Besitzers. 
Hierüber handeln die §§ 206—226 II 4 ALR., wobei bezüglich 
des Verfahrens die §8§ 2 ff., 26—32 I 46 der preußischen Allg. Ge- 
richtsordnung, die für Familienfideikommisse gemäß § 185 Abs. 2 
RFG#. und 141 Ziff. 1 preuß. FG#G. erhalten sind, noch gegenwärtig 
in Geltung stehen. 
Der Fideikommißnachfolger wird Fideikommißbesitzer, d. h. Eigen- 
tümer des Fideikommisses und damit Nutznießer desselben mit dem 
Tode des bisherigen Besitzers. Diesem müssen die Erben des letzten 
Besitzers das Fideikommiß so ausantworten, wie dasselbe von dem 
Stifter auf ihren Erblasser gediehen ist (88 206, 207 h. t.). Einer 
Auflassung bedarf es nicht, jedoch wird der Name des jeweiligen 
Fideikommißbesitzers in Abt. I des Grundbuches als Fideikommiß- 
besitzer eingetragen (Art. 15 preuß. AG. z. GB0.). 
Ist der Nachfolger im Fideikommiß nicht zugleich sonstiger Erbe des 
bisherigen verstorbenen Fideikommißbesitzers, oder war über das Allod- 
vermögen des bisherigen verstorbenen Fideikommißbesitzers das Konkurs- 
verfahren eröffnet, so bedarf es einer Auseinandersetzung zwischen dem 
Allod= und Fideikommißvermögen. 
Hierbei ist davon auszugehen, daß der Alloderbe das Recht auf den 
Besitz der ganzen Erbmasse hat, solange und soweit die Eigenschaft 
als Familienfideikommiß nicht anerkannt ist (preußische AG O. 1 46 
§ 28). „Der Fideikommißprätendent kann auf eine gerichtliche Ver- 
waltung nur alsdann antragen, wenn er Umstände anführen und be- 
scheinigen kann, woraus eine unordentliche Wirtschaftsführung und die 
Besorgnis erheblicher Deteriorationen gegen die im Besitze befindlichen 
Allodialerben sich zutage legt“ (8 28 a. a. O.). Als Anhalt für 
die Auseinandersetzung dient das bei Errichtung des Fideikommisses 
aufgenommene Inventarium des Stifters. Dasselbe ist auch für die 
Zugehörigkeit der in demselben als zum Fideikommiß gehörig angeführten 
Inventarienstücke maßgebend. Für die Auseinandersetzung selbst sind, 
soweit nicht Bestimmungen des Stifters vorhanden sind, maßgebend 
teilweise die Vorschriften vom Nießbrauch (§88 104 ff. I 21 ALs., 
jetzt sind die §§ 101, 1047, 1055, 1057 BGB. maßgebend) oder von
	        
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